Wann liegt die Einkünfteerzielungsabsicht bei Miet- und Pachtobjekten vor? Der BFH hat hierzu seine Rechtsprechung konkretisiert. Ob durch eine Vermietung ein Totalüberschuss erreicht wird, hängt demnach von einer Prognose über die Nutzungsdauer, die Erträge und die Werbungskosten ab. Bei einer Nutzungsänderung bzw. dem Wechsel der Vermietungsform wird die Überschusserzielungsabsicht neu bewertet.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung seine Rechtsprechung zur Überschussprognose bei Vermietungsobjekten weiter konkretisiert.
Sachlage im Streitfall
Die Gesellschafter der klagenden GbR, die Einnahmen aus der Verpachtung eines Hotelgasthofs erzielt, sind jeweils zur Hälfte zwei Brüder. Die GbR verpachtete zunächst den Betrieb des Hotelrestaurants an einen Fremdpächter; diesen Vertrag kündigte die GbR gegenüber dem Pächter fristlos, nachdem dieser seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Pachtvertrag über einen beträchtlichen Zeitraum nicht nachgekommen war.
In der Folgezeit leitete die GbR einen Um- und Erweiterungsbau ein, mit dem nicht nur die Zahl der Hotelzimmer von ursprünglich sechs auf 22 Zimmer erhöht und das Restaurant sowie weitere Gebäude und Anlagen renoviert wurden, sondern auch eine Hebung des Hotelstandards von ursprünglich zwei Sternen auf vier Sterne verbunden war.
Nach Abschluss dieser Arbeiten verpachtete die GbR den gesamten Hotel- und Gaststättenkomplex durch einheitlichen Pachtvertrag an eine Betriebs-GmbH, die zunächst von fremden Geschäftsführern geführt wurde; später übernahm die Ehefrau eines Gesellschafters die Geschäftsführung.
Das Hotel und die Gastronomie werden seitdem mit angestellten Wirten betrieben. In den Streitjahren erklärte die GbR ebenso wie in den Vorjahren nach Erwerb Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung des Hotel- und Gaststättenkomplexes, die das Finanzamt jedoch wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht anerkannte. Die Einsprüche und die Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH war teilweise anderer Ansicht.
Objektbezogene Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Die steuerbare Tätigkeit ist objekt- und nicht grundstücksbezogen zu ermitteln, d.h., sie ist auf ein bestimmtes Immobilienobjekt ausgerichtet. Vermietet der Steuerpflichtige mehrere Objekte auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen, ist jede Tätigkeit grundsätzlich für sich zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück (im zivilrechtlichen Sinne) befinden.
Vermietet der Steuerpflichtige demgegenüber mehrere Objekte bzw. das gesamte etwa aus unterschiedlich genutzten Teilstücken bestehende Grundstück auf der Grundlage lediglich eines Rechtsverhältnisses und mithin unter den identischen rechtlichen Vertragsbedingungen, ist die Vermietungstätigkeit einheitlich zu beurteilen.
Wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand – die Einkünfteerzielungsabsicht – objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf mehrere Objekte oder das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit gleichzeitig, d.h. in objektiver Hinsicht, auf mehrere Objekte oder auf das gesamte Grundstück richtet.
Werden demgegenüber verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile jeweils einzeln auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht nur auf das jeweilige Objekt.
Überschusserzielungsabsicht
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, den subjektiven Steuertatbestand zu verwirklichen und damit einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben.
Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnraum, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien. Vielmehr ist bei Gewerbeimmobilien die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen.
Denn die Vermietung zu gewerblichen Zwecken ist wegen ihres Einflusses auf den Gebrauchswert der Immobilie nicht mit einer auf Dauer ausgerichteten Wohnraumvermietung vergleichbar. Dabei sind Gewerbeimmobilien in Abgrenzung zu einer Wohnung alle Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen.
Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer Prognose, die alle objektiv erkennbaren Umstände heranzuziehen hat, ab. Bei der durchzuführenden Totalüberschussprognose ist auf einen typisierten Zeitraum von 30 Jahren abzustellen. Der Prognosezeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Erwerb oder der Herstellung des für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Objekts.
Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung etwa durch die gleichzeitige Vermietung mehrerer Objekte, die vorher einzeln oder gar nicht vermietet waren, im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrags aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.
Dies ist jeweils im Einzelfall zu überprüfen. Bei einem nach objektiver Betrachtung nicht zu erwartenden Totalüberschuss kommt es für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht darauf an, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige den Werbungskostenüberschuss hinnimmt.
Anwendung auf den Streitfall
Weil das FG bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht der GbR einen mit der Anschaffung des Hotel- und Gaststättenkomplexes beginnenden Prognosezeitraum zugrunde gelegt hat, hob der BFH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück.
Denn nach dem Umbau und der Erweiterung des Hotel- und Gaststättenbetriebs bezieht sich die Vermietungstätigkeit der GbR von diesem Zeitpunkt an auf ein anderes Objekt. Aus diesem Grund ist die Überschusserzielungsabsicht ab diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Einkünfteerzielungsabsicht weiter konkretisiert: Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer Prognose ab, in die alle objektiv erkennbaren Umstände einzubeziehen sind. Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung aufzunehmen, ist die Überschusserzielungsabsicht in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten. Diese Grundsätze sind bei künftigen Vermietungsobjekten, die in den letzten Jahre Verluste erwirtschaftet haben, zu berücksichtigen.
BFH, Urt. v. 19.02.2019 - IX R 16/18
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht