Wann weichen vereinbarte Miet- oder Pachtzahlungen von der ortsüblichen Miete bzw. Pacht ab? Hiervon kann ggf. der Umfang der abziehbaren Werbungskosten abhängen. Der BFH hat die zulässige Methode zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete näher bestimmt. Demnach sind die EOP-Methode und unwesentliche Abwandlungen dieser Methode generell nicht geeignet, die ortsübliche Miete zu ermitteln.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie für steuerliche Zwecke die ortsübliche Miete zu ermitteln ist.
Die Klägerin erwarb ein historisches Gebäude und investierte erhebliche Beträge in die Sanierung des Objekts. Anschließend vermietete sie das Objekt an ihren Ehemann zum Betrieb als Gaststätte.
Das Finanzamt (FA) ging von einer verbilligten Überlassung aus und kürzte den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend, da es von einer fremdüblichen Pacht ausging, die rund 475 € pro Monat über der gezahlten Miete lag.
Das Finanzgericht (FG) holte ein Sachverständigengutachten ein, das die ortsübliche Marktpacht durch eine vom Sachverständigen entwickelte „Kombinationsmethode“ ermittelt, wobei dieser zum einen aufgrund statistischer Annahmen die von einem normal qualifizierten Betreiber zu erwirtschaftende Pacht (ertragsorientierter Pachtwert, sog. EOP-Verfahren) und zum anderen die vom Verpächter auf der Grundlage seiner Investitionen mindestens erwartete Investivpacht ermittelt.
Führen beide Verfahren nicht zum selben Ergebnis, geht der Gutachter davon aus, dass ein Ausgleich gefunden werden muss. Im Streitfall hatte der Gutachter eine pächterseits mögliche Pacht von 1.657 € und eine Investivpacht von 3.404 € ermittelt. Dabei bezifferte er den marktangemessenen Pachtzins auf monatlich 1.530,50 €. Da das FA von einem geringeren Betrag ausgegangen war, hat das FG die Klage abgewiesen.
Die richtige Ermittlungsmethode
Zunächst bestätigt der BFH, dass zur Ermittlung der ortsüblichen Miete vorrangig die sogenannte Vergleichswertmethode zu wählen ist. Wenn sich aufgrund der Besonderheiten des Objekts vergleichbare Objekte nicht finden lassen, kann diese Methode jedoch nicht angewandt werden.
Das Fehlen von Vergleichsobjekten bedeutet nach Ansicht des BFH aber nicht, dass deshalb eine Ermittlung der Vergleichsgröße auf der Grundlage statistischer Erwartungswerte gerechtfertigt wäre.
In diesem Zusammenhang schließt sich der BFH der Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) an, dass die ertragsorientierte Pachtwertermittlung (sog. EOP-Methode) und unwesentliche Abwandlungen dieser Methode (insbesondere die sog. indirekte Vergleichswertmethode) generell nicht geeignet sind, um die ortsübliche Marktmiete oder -pacht zu ermitteln.
Zu ermitteln ist stattdessen der Verkehrswert der Hauptleistung. Dieser hängt bei Miet- oder Pachtverhältnissen ganz wesentlich von den örtlichen Besonderheiten ab. Deshalb kommt es in rechtlicher Hinsicht auf die ortsübliche Marktmiete oder -pacht an (so auch § 21 Abs. 2 EStG).
Der ortsübliche Preis für eine Nutzungsüberlassung hängt auch bei einem Gaststättenobjekt nicht maßgeblich davon ab, welchen Ertrag ein durchschnittlich begabter Gastwirt voraussichtlich mit dem Objekt erwirtschaften kann. Stattdessen muss ein Sachverständiger – z.B. ein erfahrener Makler –, der mit der konkreten (örtlichen) Marktsituation vertraut ist, beurteilen, welchen Miet- oder Pachtzins er für angemessen hält.
Die bei diesem Vorgehen unvermeidlich höhere Schätzungstoleranz muss hingenommen werden.
Weil dem fraglichen Gutachten die sogenannte Kombinationsmethode zugrunde liegt, entspricht sie in ihrem ersten Schritt im Wesentlichen der EOP-Methode und ist ebenfalls abzulehnen.
Künftige Sachverständige
Weil wegen des nicht anerkannten Gutachtens unklar blieb, ob eine teilentgeltliche Nutzungsüberlassung anzunehmen ist, wurde der Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen. Falls das FG dabei ein Sachverständigengutachten einholen müsste, kann es sich z.B. auf die Einschätzung eines erfahrenen Gewerberaummaklers mit entsprechenden Ortskenntnissen stützen.
Einer umfassenden Ausarbeitung bedarf eine solche Einschätzung möglicherweise nicht, da sie sich im Wesentlichen auf die praktische Berufserfahrung des Sachverständigen stützen wird, die mangels vergleichbarer Objekte auch nicht mit Einzelnachweisen belegt werden muss. Gegebenenfalls genügt auch eine mündliche Anhörung.
Der Sachverständige müsste aber zumindest nachvollziehbar darlegen, dass er über ortsbezogene Marktkenntnisse verfügt und das betreffende Objekt hinreichend kennt. Kann sich das FG auf der Grundlage einer solchen Einschätzung nicht die für eine Schätzung erforderliche Gewissheit über die Höhe der ortsüblichen Pacht verschaffen, geht dies zu Lasten des FA.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH schafft Klarheit: Zum einen schließt sich der BFH der Ansicht des BGH an, so dass im Zivilrecht und im Steuerrecht identische Maßstäbe gelten. Zum anderen hat der BFH klargestellt, dass das FG auch einen erfahrenen Makler befragen kann, der das Objekt kennt und ausreichend Ortskenntnis hat. Eines schriftlichen Gutachtens bedarf es nicht. Zwar klingt dies zunächst positiv, aber die künftige Praxis wird zeigen müssen, welche Voraussetzungen an einen erfahrenen Makler zu stellen sind, damit dessen Aussage als Beweismittel anzuerkennen ist.
BFH, Urt. v. 10.10.2018 - IX R 30/17
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht