Das Investitionszulagengesetz (InvZulG) ermöglicht in den ostdeutschen Fördergebieten die Zahlung staatlicher Fördergelder bei der Anschaffung und Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter. Dabei spielt die Zuordnung eines Unternehmens zum verarbeitenden bzw. produktionsnahen Gewerbe eine entscheidende Rolle. Der BFH hat nun entschieden, wann ein Mischbetrieb diese Subvention beanspruchen kann.
Grundsätzlich sind Wirtschaftsgüter nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 investitionszulagenbegünstigt, wenn sie zu einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes oder der produktionsnahen Dienstleistungen gehören. Dabei bestimmt sich der Begriff des verarbeitenden Gewerbes nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bzw. seit dem Jahr 2010 laut § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2010 nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige.
In einem kürzlich vom BFH entschiedenen Fall übte eine GmbH als Mischbetrieb mehrere nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige unterschiedlich einzuordnende Tätigkeiten aus. Neben dem Baugewerbe war sie im verarbeitenden Gewerbe tätig und führte produktionsnahe Dienstleistungen aus.
Die von der Klägerin geltend gemachte Investitionsrücklage wurde ihr nach einer Außenprüfung versagt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit weder im verarbeitenden Gewerbe noch in den produktionsnahen Dienstleistungen liege. Daher sei der Betrieb nicht begünstigungsfähig. Das Finanzgericht schloss sich dieser Ansicht an. Im darauffolgenden Revisionsverfahren gab der BFH der Klägerin dagegen Recht und verwies den Fall zurück an das Finanzgericht, um den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit anhand geänderter Kriterien zu ermitteln.
Überprüfung der Klassifikation vom Statistischen Bundesamt
Grundsätzlich bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH der Begriff des verarbeitenden Gewerbes im Investitionszulagenrecht nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Dieser Rückgriff ist jedoch nur als Konkretisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu verstehen und entbindet die zuständigen Gerichte nicht von der Pflicht, Kategorie und Wirtschaftszweig selbst zu prüfen – unabhängig von der Einordnung des Statistischen Bundesamts.
Bestimmung des Schwerpunkts
Die Zuordnung eines Mischbetriebs hängt nach der BFH-Rechtsprechung davon ab, welche Tätigkeit überwiegt. Die Ermittlung erfolgt grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wertschöpfungsanteile, hilfsweise unter Einbeziehung anderer Kriterien wie Umsatz, investiertes Kapital oder Arbeitslöhne.
Verhältnisse des gesamten Betriebs maßgeblich
Anders als Einzelunternehmer, die mehrere Betriebe haben können, können Personen- und Kapitalgesellschaften für Zwecke der Investitionszulage nur einen Betrieb haben. Es sind also nicht die Verhältnisse der einzelnen Betriebsstätten maßgeblich, sondern die des gesamten Betriebs. In seinem Urteil verdeutlicht der BFH, dass sich eine Tätigkeit von geringem Umfang im Rahmen der Wertschöpfung zwar auf die Schwerpunkttätigkeit des Mischbetriebs der GmbH auswirken kann. Dies allein rechtfertigt jedoch keine abweichende Klassifikation.
Praxishinweis
Unternehmen, die eine Investitionszulage zu beantragen planen, sollten vor der Antragstellung prüfen, zu welcher Kategorie sie nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige gehören. Darüber hinaus sollten Unternehmen, die mehrere Tätigkeiten ausüben, berücksichtigen, dass bei der Zuordnung auf den gesamten Betrieb abgestellt wird, nicht auf einzelne Betriebsstätten. Insgesamt muss der maßgebliche Wertschöpfungsanteil der einzelnen Tätigkeiten förderungswürdig sein.
BFH, Urt. v. 14.04.2016 - III R 10/15
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper