Sind Krankheitskosten, die Privatversicherte selbst tragen, um eine Beitragserstattung zu erreichen, steuerlich absetzbar? Der BFH hat entschieden, dass selbstgetragene Krankheitskosten jedenfalls nicht beim Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt werden dürfen. Ob solche Kosten grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen darstellen können, ließ der BFH offen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat darüber entschieden, ob sich ein Verzicht auf die Erstattung der Krankheitskosten seitens der privaten Krankenversicherung zugunsten einer Beitragsrückerstattung beim Sonderausgabenabzug oder bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung auswirken kann.
Ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger ermittelte seine Sonderausgaben für private Krankenversicherungsbeiträge, indem er seine abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge um die erhaltenen Beitragserstattungen kürzte und die von ihm selbst getragenen Krankheitskosten hinzurechnete. Diese Krankheitskosten hatte er selbst getragen, um die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu erlangen. Demgegenüber minderte das Finanzamt (FA) die abziehbaren Versicherungsbeiträge um die Beitragserstattungen, ohne die Krankheitskosten in Abzug zu bringen. Das Finanzgericht und der BFH folgten dem FA.
Selbstgetragene Krankheitskosten sind keine Sonderausgaben
Zu den Sonderausgaben gehören nach dem Gesetzeswortlaut Beiträge „zu“ einer Krankenversicherung. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben berücksichtigt werden können, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit der Vorsorge dienen. Daher sind Zahlungen, die aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen geleistet werden – und damit auch selbst getragene Krankheitskosten –, keine Versicherungsbeiträge.
Der Unterschied zum Selbstbehalt liegt lediglich darin, dass bei diesem bereits im Voraus verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet wird, während bei Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen erst beim Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entschieden wird, ob der Versicherte diese akuten Kosten selbst tragen will – etwa um Beitragserstattungen zu erhalten. Eine Gemeinsamkeit beider Konstellationen ist, dass der Versicherte die Krankheitskosten nicht trägt, um den Versicherungsschutz als solchen zu erlangen.
Daher können Krankheitskosten keinen Einfluss auf die Höhe des Sonderausgabenabzugs haben. Nach Auffassung des BFH widerspräche es sonst sowohl dem Gesetzeswortlaut („Beiträge“) als auch der Grundentscheidung des Gesetzgebers, Krankheitskosten lediglich als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass es wirtschaftlich vernünftig sein kann, auf die Erstattung der gezahlten Krankheitskosten zu verzichten, um so eine betragsmäßig höhere Beitragserstattung zu erlangen. Der Steuerpflichtige hat die Freiheit zu wählen, ob er sich die Krankheitskosten erstatten lässt oder nicht. Er hat damit die Möglichkeit, sich für die im Einzelfall voraussichtlich günstigste Variante zu entscheiden.
Selbstgetragene Krankheitskosten waren im Streitfall keine außergewöhnlichen Belastungen
Weil die zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG im Streitfall auch bei Berücksichtigung der selbstgetragenen Krankheitskosten nicht überschritten wurde, konnte der BFH offenlassen, ob überhaupt eine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG bejaht werden kann, wenn der Steuerpflichtige auf die ihm zustehende Erstattung der Krankheitskosten verzichtet. Damit scheidet auch ein Abzug der selbstgetragenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen aus. Die Revision war also zurückzuweisen.
Praxishinweis
Nach der Entscheidung des BFH steht fest, dass Krankheitskosten, die selbst getragen werden, um eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen zu erlangen, jedenfalls keine Auswirkung auf die Ermittlung der Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben haben. Ob darin außergewöhnliche Belastungen in Form der Krankheitskosten liegen können, hat der BFH offengelassen. Jeder privat versicherte Steuerpflichtige bzw. dessen steuerlicher Berater sollte also darüber nachdenken, in vergleichbaren Fällen Einspruch einzulegen und gegebenenfalls den Klageweg zu beschreiten. Wie die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage sind, hat der BFH nicht erkennen lassen.
BFH, Urt. v. 29.11.2017 - X R 3/16
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht