Sind Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die Eltern für ihre Kinder übernehmen, steuerlich absetzbar? Der BFH hat klargestellt, dass unterhaltspflichtige Eltern, die solche Beiträge für ihre Kinder tragen, diese Aufwendungen als eigene Sonderausgaben gelten machen können. Der Steuerabzug setzt allerdings voraus, dass die Beiträge auch tatsächlich gezahlt oder dem Kind erstattet worden sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob Eltern die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die sie für ihre Kinder im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung übernommen haben, als eigene Sonderausgaben absetzen können.
Im Fall, mit dem sich der BFH auseinandersetzen musste, wohnte ein Auszubildender während seiner Ausbildung noch bei seinen Eltern. Im Rahmen seines Ausbildungsdienstverhältnisses behielt sein Arbeitgeber von der Ausbildungsvergütung die Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge ein.
Der Auszubildende machte diese Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in seiner Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend. Daraufhin verlangten die Eltern die Berücksichtigung derselben Versicherungsbeiträge im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als eigene Beiträge, mithin als Sonderausgaben. Dieses Vorgehen war so allerdings nicht korrekt.
Einordnung der Versicherungsbeiträge des Kindes als Sonderausgaben der Eltern
Als eigene Beiträge der Eltern zur Basiskrankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung werden auch die eigenen Beiträge eines Kindes behandelt, die von den Eltern im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung getragen werden, wenn für das Kind ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld besteht.
Voraussetzung für den Abzug nicht unmittelbar selbst geschuldeter Sonderausgaben ist eine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind. Ohne diese Unterhaltsverpflichtung scheidet eine Berücksichtigung dieser Beiträge des Kindes aus. Denn der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch umfasst den gesamten Lebensbedarf des Kindes einschließlich Aufwendungen für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung.
Allerdings müssen die Versicherungsbeiträge tatsächlich auch angefallen sein. Eine Familienmitversicherung reicht daher für einen höheren Unterhaltsbedarf nicht aus.
Da die Versicherungsbeiträge Teil des Unterhaltsanspruchs des Kindes sind, ist es ohne Bedeutung, ob das Kind seine eigenen Beiträge aus der Netto-Ausbildungsvergütung an seine private Kranken- bzw. Pflegeversicherung bezahlt oder ob im Fall einer gesetzlichen Versicherungspflicht des Kindes dieses eine um diese Beiträge reduzierte Nettoausbildungsvergütung erhält.
In beiden Fällen reduzieren diese Beiträge das Einkommen des Kindes und erhöhen seinen Lebensbedarf. Sie sind deshalb grundsätzlich von den Eltern als Unterhaltsschuldner neben dem Unterhalt nach den Regelbedarfssätzen zu tragen. Allerdings setzt Ausbildungsunterhalt voraus, dass das Kind unterhaltsbedürftig ist.
Im Rahmen der Unterhaltsbedürftigkeit ist die Ausbildungsvergütung, die ein volljähriges Kind erhält, als Einkommen zu berücksichtigen und deswegen nach Abzug berufsbedingter Mehraufwendungen in voller Höhe bedarfsmindernd anzurechnen.
Voraussetzung ist ein tatsächlicher Abfluss
Die Beiträge des Kindes werden nur dann von den Eltern getragen, wenn sie von diesen für das Kind im Veranlagungszeitraum auch tatsächlich gezahlt oder dem Kind erstattet worden sind. Es reicht nicht aus, dass Naturalunterhalt geleistet wurde. Denn Sonderausgaben sind „Aufwendungen“, also Vermögensminderungen, die einen tatsächlichen Abfluss, also eine Zahlung, voraussetzen. Es gilt bei Sonderausgaben das (strenge) Abflussprinzip. Deswegen ist Drittaufwand beim Abzug von Versicherungsbeiträgen als Sonderausgaben grundsätzlich nicht abziehbar.
Wenn Sonderausgaben abziehbar sind, die der Steuerpflichtige rechtlich nicht schuldet, muss sichergestellt sein, dass der Steuerpflichtige hierdurch wirklich belastet ist. Dieses Abstellen auf die tatsächliche Zahlung der Versicherungsbeiträge des Kindes durch die Eltern schließt eine Doppelberücksichtigung der gleichen Beiträge bei den Eltern und dem Kind aus.
Praxishinweis
Der BFH hat in dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen weiter konkretisiert. Entscheidend ist die wirtschaftliche Belastung der Eltern durch die Beiträge: Wenn die Eltern diese Beiträge direkt tragen oder den Kindern erstatten, können sie diese auch selbst abziehen, ein Abzug bei den Kindern scheidet dann aber aus. Künftig ist also den Eltern von Kindern, die sich in Ausbildung befinden und deren Einkommen entsprechend gering ist, zu raten, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Kindes zu tragen, um diesen steuerliche Wirkung zukommen zu lassen.
BFH, Urt. v. 13.03.2018 - X R 25/15
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht