Kann die Rechtswidrigkeit eines geänderten Einkommensteuerbescheids eines Kapitalgesellschafters durch den späteren Erlass eines Körperschaftsteuerbescheids nachträglich geheilt werden? Der BFH hat das grundsätzlich bejaht. Hintergrund des Streitfalls war eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), die erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist zur Änderung des Einkommensteuerbescheids geführt hatte.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.12.2019 (VIII R 2/17) entschieden, dass eine zunächst rechtswidrige Änderung eines Einkommensteuerbescheids aufgrund der Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) nachträglich durch den in diesem Fall als Grundlagenbescheid geltenden Körperschaftsteuerbescheid geheilt werden kann.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter des Steuerpflichtigen. Das Finanzamt hatte dessen Bescheid gem. § 173 AO geändert und eine vGA berücksichtigt. Die vGA entstand durch die vergünstigte Veräußerung einer Yacht von der im Alleineigentum des Steuerpflichtigen stehenden GmbH an den Steuerpflichtigen.
Nach Änderung des Einkommensteuerbescheids wurde auch der Körperschaftsteuerbescheid der GmbH unter Berücksichtigung der vGA geändert.
Der Kläger richtete sich zunächst mit seinem Einspruch gegen die Änderung des Einkommensteuerbescheids, da diese vor der Änderung des Körperschaftsteuerbescheids erfolgte und die – in diesem Fall zutreffende – Änderungsnorm nach § 32a KStG nicht hätte angewendet werden können.
Die Anwendung der Korrekturvorschrift gem. § 173 AO war in diesem Fall aufgrund des Ablaufs der Festsetzungsfrist des Einkommensteuerbescheids nicht zutreffend.
Der Einspruch blieb genauso erfolglos wie die anschließend gegen die Einspruchsentscheidung gerichtete Klage. Auch der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Voraussetzung für eine Änderung nach § 32a KStG
Nach R 8.5 Abs. 1 KStR liegt eine vGA vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet, dessen Anlass im Gesellschaftsverhältnis besteht. Eine vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stellt für den jeweiligen Anteilseigner der Kapitalgesellschaft Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar.
Die Berücksichtigung einer vGA bei dem Anteilseigner erfolgt i.d.R. nach der Änderungsvorschrift gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Wird bei der Kapitalgesellschaft eine vGA an den Anteilseigner festgestellt, für dessen Einkommensteuerbescheid jedoch die Festsetzungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist, so kann eine Berücksichtigung dennoch nach der Korrekturvorschrift gem. § 32a KStG erfolgen. Der Körperschaftsteuerbescheid gilt in diesem Fall als Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid.
Die Änderung des Einkommensteuerbescheids im Streitfall war somit aufgrund des Ablaufs der Festsetzungsfrist zunächst rechtswidrig. Auch eine Änderung des Einkommensteuerbescheids gem. § 32a KStG hätte zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgen können, da der für eine Änderung nötige Grundlagenbescheid ebenfalls noch nicht erlassen worden war.
Die Rechtswidrigkeit wurde jedoch nach Auffassung des BFH durch den späteren Erlass des Körperschaftsteuerbescheids rückwirkend geheilt, wodurch der Einkommensteuerbescheid nicht mehr zu beanstanden ist.
Praxishinweis
Die Korrekturvorschrift gem. § 32a KStG kommt besonders oft bei Betriebsprüfungen von Kapitalgesellschaften zur Anwendung. Durch § 32a KStG kann eine Berücksichtigung einer vGA unabhängig von der Festsetzungsfrist des Anteilseigners erfolgen.
Steuerberater sollten jedoch beachten, dass nicht nur eine Anwendung zuungunsten des Steuerpflichtigen bei vGA erfolgen kann, sondern auch zugunsten des Steuerpflichtigen bei verdeckten Einlagen, z.B. in sogenannten Dreieckskonstellationen.
BFH, Urt. v. 10.12.2019 - VIII R 2/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)