Einkommensteuer -

Steuerfolgen von Verträgen: Wann liegt ein entgeltliches Geschäft vor?

Wann liegen entgeltliche Verträge vor? Und wann ist von einer (teilweisen) Schenkung auszugehen? Der BFH hat entschieden, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr zwischen fremden Personen die widerlegbare Vermutung greift, dass ein entgeltliches Geschäft vorliegt. Im Streitfall ging es um Verluste aus der Übertragung von GmbH-Anteilen. Die Grundsätze sind aber auf weitere Fälle übertragbar.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 22.02.2021 (IX R 6/20) seine Grundsätze konkretisiert, wann entgeltliche Verträge zwischen fremden Dritten vorliegen.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Kläger K hielt rund 52 % der Anteile an einer GmbH. K, die weiteren Gesellschafter der GmbH und die GmbH schlossen die Gesellschaftervereinbarung, in deren Präambel die Vertragsparteien vermerkten, die GmbH befinde sich in einer Sanierungs- und Umstrukturierungsphase, die nach einem Restrukturierungsplan umgesetzt werden solle. 

In Umsetzung des Restrukturierungsplans übertrugen mehrere Gesellschafter (u.a. K) Geschäftsanteile auf die X bzw. auf die Y insofern unentgeltlich, als dass X und Y keinen Kaufpreis schulden. Dieser Verzicht sollte einen Beitrag der übertragenden Gesellschafter zur Restrukturierung der Gesellschaft darstellen. 

In der Einkommensteuererklärung erklärte K einen Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG aus der Übertragung des Anteils an der GmbH an die X in Höhe der Anschaffungskosten und den Verzicht auf die Forderungen. 

Das Finanzamt folgte dem nur teilweise und berücksichtigte einen Veräußerungsverlust unter Ansatz eines Veräußerungspreises von 0 €. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) waren teilweise erfolgreich, der BFH folgte dem nur zu Teilen.

Voraussetzungen einer Veräußerung i.S.d. § 17 EStG

Eine Veräußerung setzt die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt voraus. Entgeltlich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, wenn ihr eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Unerheblich ist, ob diese Übertragung freiwillig oder unfreiwillig erfolgt und ob ihr ein Rechtsgeschäft oder beispielsweise ein hoheitlicher Eingriff zugrunde liegt. 

Das Gegenstück zur entgeltlichen Veräußerung ist die unentgeltliche Übertragung von Anteilen, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass der Übertragende dem Empfänger eine freigebige Zuwendung machen will. Letzteres ist bei Verträgen unter fremden Dritten im Allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. 

Deshalb spricht insoweit eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts. Die Vermutung fällt umso stärker aus, je wirtschaftlich werthaltiger der übertragene Gesellschaftsanteil für den Übertragenden und den Empfänger ist. 

Ob im Einzelfall unter Anwendung dieser Grundsätze eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung vorliegt, ist grundsätzlich in jedem Einzelfall zu beurteilen.

Anwendung auf den Besprechungsfall

K und der X sind fremde Dritte im kaufmännischen Geschäftsverkehr. Daher ist für den BFH die Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts anzuwenden. 

Da die Vermutung nicht widerlegt worden ist und auch keine Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des K gegenüber der X nach den Gesamtumständen ersichtlich ist – zumal nach der Gesellschaftervereinbarung die Anteilsübertragung ausdrücklich nicht schenkweise erfolgte –, ist von einem entgeltlichen Geschäft auszugehen. 

Es fehlen zudem Hinweise darauf, dass die Beteiligten die Gesellschaftervereinbarung nur zum Schein geschlossen hätten. Damit fehlen jegliche Anzeichen für eine freigebige Zuwendung. Allerdings ist für den BFH die Sache nicht spruchreif. 

Denn das FG hat bislang keine Feststellungen getroffen, ob bei der Ermittlung des Veräußerungsverlusts weitere Anschaffungskosten anzusetzen sind, so dass diese Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen sind.

Praxishinweis

Der BFH hat vordergründig lediglich zu Veräußerungsgewinnen i.S.d. § 17 EStG entschieden. Der festgelegte Grundsatz, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts spricht, dürfte jedenfalls auch für Rechtsgeschäfte gem. § 20 Abs. 2 EStG gelten. Denn diese Vorschrift zitiert der BFH in der Entscheidung. Darüber hinaus dürfte dieser Grundsatz aber wohl für alle Einkünfte gelten.

BFH, Urt. v. 22.02.2021 - IX R 6/20

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht