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Steuerfragen beim Projekt „Wohnen für Hilfe“

Hilfe im Alltag für ältere und Wohnmöglichkeiten für jüngere Menschen: Das deutschlandweite Projekt „Wohnen für Hilfe“ soll beide Bedürfnisse zusammenführen und eine wechselseitige Hilfeleistung fördern, damit beide Seiten profitieren. Mit einem auf Bundes- und Länderebene abgestimmten Erlass hat die Finanzbehörde Hamburg zuletzt Hinweise zu den möglichen steuerlichen Folgen veröffentlicht.

Grundlage Generationenmodell: „Jung hilft alt“

Ältere Menschen verfügen häufig über genügend Wohnraum, benötigen jedoch des Öfteren eine helfende Hand im Alltag. Hingegen können jüngere Menschen oftmals tatkräftig helfen, sie benötigen aber bezahlbaren oder gar kostenlosen Wohnraum. Ein bundesweites Projekt versucht, diese beiden Potenziale zusammenzuführen.

Dabei bieten i.d.R. ältere Menschen jungen Menschen günstigen Wohnraum an. Im Gegenzug gehen Letztere ihren Wohnraumgebern z.B. im Haushalt helfend zur Hand.

Im Vordergrund dieses Modells steht nicht die Erzielung von Mieteinnahmen, sondern der geistige, kulturelle Austausch und die wechselseitige Hilfeleistung – z.B. durch mietfreies Wohnen. Im Sinne der Wechselseitigkeit verpflichten sich die Studierenden oder Auszubildenden als Gegenleistung dazu, den Wohnraumgeber im Alltag zu unterstützen. Die von den jungen Menschen dabei geleisteten Stunden werden durch Mieterlass auf die zu zahlende Miete angerechnet, wobei i.d.R. ein Quadratmeter Wohnfläche mit einer Stunde Hilfe im Monat verrechnet wird.

Verschiedene Modelle unter dem Banner „Wohnen für Hilfe“

Bislang werden in verschiedenen Gemeinden unterschiedliche Modelltypen des „Wohnens für Hilfe“ angeboten.

  • Modell I: Verrichtung praktischer Alltagshilfen durch den Wohnraumnehmer für den Wohnraumgeber (z.B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste)
  • Modell II: Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den Wohnraumnehmer im unmittelbaren Wohnumfeld des Wohnraumgebers
  • Modell III: Verrichtung einer gemeinnützigen/ehrenamtlichen Tätigkeit durch den Wohnraumnehmer im Stadtgebiet (ohne Zahlung der Aufwandsentschädigungspauschale)

Hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung wurden nachfolgende Grundsätze festgelegt. Dabei wird zwischen den Einkünften des arbeitsleistenden jungen Menschen und den Einkünften aus der vergünstigten Zurverfügungstellung von günstigem Wohnraum differenziert.

Einkünfte des „Arbeitsausführenden“

Werden bei Modell I vom Wohnraumnehmer vertraglich geschuldete Dienstleistungen durchgeführt, so werden diese als im Rahmen eines Dienstverhältnisses zwischen dem Wohnraumgeber und dem Wohnraumnehmer erbrachte Leistungen angesehen. Dementsprechend werden diese Einkünfte regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG angesehen.

Bei den Modellen II und III bedarf es grundsätzlich einer Prüfung im Einzelfall, welche Einkunftsart vorliegt. Es kann aber regelmäßig von Einkünften nach § 19 EStG ausgegangen werden.

Einkünfte aus der Zurverfügungstellung von Wohnraum

Bei Modellvariante I liegen regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG vor. Bei den anderen beiden Modellvarianten II und III muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine Einkünfteerzielungsabsicht i.S.d. § 21 EStG vorliegt.

Praxishinweis

Häufig wird es in der Praxis auf die Beurteilung des Einzelfalls ankommen, da die Vereinbarungen zwischen dem Wohnraumgeber und dem Wohnraumnehmer sehr individuell ausgestaltet sein können. Dadurch muss die Gegenleistung des Wohnraumnehmers nach Umfang und Art einzelfallabhängig geprüft werden. Steuerpflichtige können sich dabei an der steuerlichen Beurteilung der drei Standardmodelle orientieren.

FinBeh Hamburg, Erlass v. 08.12.2016 - S 2253-2016/004-52

Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper