Einkommensteuer -

Unternehmensverkauf: Fiktiver Wert und Vertrauensschutz

Welche Regeln gelten bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen? Kann der fiktive Wert der Beteiligung bezüglich des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG 1999) statt der tatsächlichen Anschaffungskosten angesetzt werden? Das FG Köln hat solche fiktive Anschaffungskosten abgelehnt. Ein Veräußerungsgewinn ist aber steuerfrei, soweit die Beteiligung zum 31.03.1999 hätte steuerfrei übertragen werden können. 

Das Finanzgericht Köln (FG) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 07.10.2020 (5 K 2290/18) dazu Stellung genommen, ob bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer GmbH der fiktive Wert der Beteiligung am 31.03.1999, als die Beteiligungshöhe gesenkt worden ist, bei der Besteuerung anzusetzen ist. 

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die verheirateten A und B waren an der B GmbH jeweils zu mehr als 1 % beteiligt und veräußerten ihre Geschäftsanteile an der B GmbH im Streitjahr. 

In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie Verluste aus der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an der B GmbH unter Ansatz des gemeinen Wertes der veräußerten Anteile zum 31.03.1999 geltend. Zudem machten A und B eine Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. 

Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern ging beim Veräußerungsergebnis nicht vom gemeinen Wert aus und lehnte den Ansatz der Vorfälligkeitsentschädigung ab. Der Einspruch blieb erfolglos, das FG folgte dem nicht.

Ansatz des Veräußerungsgewinns aus § 17 EStG

Die Voraussetzungen gem. § 17 EStG liegen bei beiden Klägern vor, so dass lediglich die Höhe des Veräußerungsgewinns streitig ist. Allerdings ergibt sich nach Ansicht des FG eine Berücksichtigung fiktiver Anschaffungskosten weder aus dem Gesetz, noch ist diese auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG geboten. 

Zwar ist nach dem Beschluss des BVerfG die rückwirkende Absenkung der maßgeblichen Beteiligungshöhe in § 17 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) teilweise verfassungswidrig, weil Wertsteigerungen in einem Veräußerungsgewinn steuerlich erfasst würden, die bis zur Verkündung des StEntlG am 31.03.1999 entstanden seien. 

Denn insoweit habe der Veräußerer bereits eine konkret verfestigte Vermögensposition innegehabt, die nachträglich entwertet worden sei. Soweit Wertsteigerungen betroffen sind, die erst nach der Verkündung des StEntlG eingetreten sind, ist die Änderung der Beteiligungsgrenze verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 

Die Verfassungswidrigkeit geht aber so weit, als dass „in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG am 31.03.1999 entstanden sind und die entweder – bei einer Veräußerung bis zu diesem Zeitpunkt – nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind oder – bei einer Veräußerung nach Verkündung des Gesetzes – sowohl zum Zeitpunkt der Verkündung als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können“. 

Diese Anforderungen an das Eingreifen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes mit der Folge der Teilnichtigkeit des StEntlG sieht das FG vorliegend jedoch nicht als erfüllt an. Das FG beurteilt daher den Veräußerungsgewinn der Beteiligungen insoweit als steuerfrei, als die Beteiligung zum 31.03.1999 hätte steuerfrei übertragen werden können. 

Andererseits kann die Klägerin aber auch keinen Veräußerungsverlust geltend machen. Denn ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin darin, dass steuerfrei entstandene Wertsteigerungen durch Wertverlust nach der Gesetzesänderung zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Veräußerungsverlust führen, besteht nicht. 

Der Verlust aus der Veräußerung der Anteile im Jahr 2011 zum 31.01.2013 wäre nach der alten Gesetzeslage mangels Erreichens der Beteiligungsgrenze steuerlich unbeachtlich gewesen, so dass die Berücksichtigung eines Wertverlusts nach der Gesetzesänderung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten für das FG nicht in Betracht kommt. 

Vorfälligkeitsentschädigung

Die von A und B zur vorzeitigen Ablösung des Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Sie steht nicht mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern in Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks. 

Zwar stellen Schuldzinsen grundsätzlich Werbungskosten dar. Auch umfasst der Begriff der Schuldzinsen eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung. 

Sind Vorfälligkeitsentschädigungen jedoch durch eine Grundstücksveräußerung veranlasst, sind sie nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Dem steht nicht entgegen, dass das Darlehen zunächst zur Finanzierung der vermieteten Immobilie aufgenommen worden ist und die dafür geleisteten Schuldzinsen während der Zeit der Vermietung im Zusammenhang mit der steuerbaren Vermietungstätigkeit standen. 

Denn durch die Veräußerung wird der ursprünglich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang der Darlehensaufnahme mit der Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt. Soweit dieser Veräußerungsvorgang – etwa gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – steuerbar ist, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts einzustellen. 

Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit – der Vermietung – geltend gemacht werden. 

Im Besprechungsfall ist die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten in die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns einzustellen gewesen, da hinsichtlich des streitigen Grundstücks kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorliegt.

Praxishinweis

Das FG hat eine insoweit bedeutsame Entscheidung getroffen, als dass es das Ergebnis einer Veräußerung von Beteiligungen i.S.d. § 17 EStG steuerfrei belässt, welches vor der Gesetzesänderung zum 31.03.1999 steuerfrei gewesen wäre. Fiktive Ergebnisse sind dabei nicht anzusetzen. Es hat also eine entsprechende Rechnung nach der Rechtslage bis zum 31.03.1999 zu erfolgen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH im Revisionsverfahren (IX R 9/20) diese Ansicht teilen wird.

FG Köln, Urt. v. 07.10.2020 - 5 K 2290/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

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