Welche Steuerregeln gelten bei Ersatzzahlungen für einen Verdienstausfall? Der BFH hat entschieden, dass die gesamte Entschädigung, die der Schädiger bzw. dessen Versicherung zahlt, für den Geschädigten steuerpflichtig ist. Dies gilt nach dem BFH damit ausdrücklich auch für den Teil einer Entschädigung, der neben dem eigentlichen Verdienstausfall auf die Erstattung der Steuerzahlung entfällt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.10.2024 (IX R 5/23) entschieden, dass die gesamte Zahlung für einen Verdienstausfallschaden, die ein Geschädigter von einer Versicherung erhält, steuerpflichtig ist.
Dies gilt auch für den Anteil, der auf die entsprechende Steuererstattung entfällt. Für eine tarifermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG ist es somit erforderlich, dass der gesamte Verdienstausfallschaden inklusive der entsprechenden Steuererstattung in einem Veranlagungszeitraum ausgezahlt wird.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin, ursprünglich nichtselbständig tätig, wurde aufgrund eines medizinischen Behandlungsfehlers erwerbsunfähig. Ihr Verdienstausfall wurde von der Versicherung des Schädigers ersetzt.
Die Zahlungen unterlagen als Entschädigungen für entgangenen Arbeitslohn ebenfalls der Einkommensbesteuerung. Die Versicherung erstattete auch die von der Klägerin nachgezahlte Einkommensteuer.
Das Finanzamt behandelte die Erstattungen der Steuerzahlungen ebenfalls als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und setzte sie entsprechend als Einkünfte in den Einkommensteuerbescheiden an.
Die dagegen erhobenen Einsprüche sowie die Klage zum Finanzgericht blieben erfolglos. Der BFH sah die Revision des Klägers als unbegründet an und wies diese daher zurück.
Besteuerung von Entschädigungen
Zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG gehören auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden sind.
Bei den Einnahmen, deren Ausfall ersetzt wird, muss es sich jedoch um Einnahmen handeln, die hypothetisch auch der Besteuerung unterlegen hätten. Auch wenn die Kosten von dritter Seite, etwa von einer Versicherung, erstattet werden, können diese zu einer steuerpflichtigen Entschädigung führen.
Voraussetzung ist, dass die Entschädigung unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt und dazu bestimmt sein muss, diesen Schaden auszugleichen.
Der Zusammenhang zwischen Entschädigung und den Einnahmen ist anhand der jeweiligen Umstände im Einzelfall zu bestimmen. Der Besteuerung unterliegen somit nicht Entschädigungen, die als Ausgleich für entstandene Ausgaben gezahlt wurden.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Entschädigt eine Versicherung einen Geschädigten für entgangene Verdienste, hat diese nicht nur die entgangenen Nettoeinnahmen, sondern - aufgrund der Steuerpflicht der Verdienstausfallentschädigung - auch die durch die Entschädigung entstehende Steuerschuld zu zahlen.
Diese Steuererstattung ist nach Auffassung das BFH auch als steuerpflichtige Einnahme gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG anzusehen. Der Nettoverdienstausfall und die Steuerlast seien Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs. Die Auszahlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ändere daran nichts.
Der in einem späteren Zeitraum gezahlte Ausgleichsanspruch führt hingegen dazu, dass die ermäßigte Besteuerung mangels erforderlicher Zusammenballung der Einkünfte nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht gegeben ist.
Die einheitliche Entschädigungszahlung wurde nicht zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum gezahlt, sondern über mehrere Veranlagungszeiträume verteilt, was zu der Verwehrung der ermäßigten Besteuerung führt.
Praxishinweis
Bei Entschädigungszahlungen sollten Steuerpflichtige und Berater somit unbedingt darauf achten, dass direkt der Nettolohn zzgl. der zu erwartenden Steuer von der Versicherung ausgezahlt wird.
Die Tarifermäßigung nach § 34 EStG kann nur in dem Fall in Anspruch genommen werden, wenn die Zahlung zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum ausgezahlt wird. Eine verteilte Auszahlung der Entschädigung verhindert die ermäßigte Besteuerung. Daher sollte direkt mit der Versicherung eine Auszahlung in einem Einmalbetrag vereinbart werden.
BFH, Urt. v. 15.10.2024 - IX R 5/23