Wann liegt bei der Förderung von beruflichen Fortbildungen Arbeitslohn vor? Der BFH hat entschieden, dass ein teilweiser Erlass eines Förderdarlehens, der nach einer erfolgreichen Aufstiegsfortbildung gewährt wird, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Denn ein solcher Teilerlass, der allein vom Bestehen der Abschlussprüfung abhängig ist, stellt insoweit den Ersatz von Werbungskosten dar.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 23.11.2023 (VI R 9/21) die Grundsätze für die steuerliche Einordnung des Teilerlasses eines Darlehens bei der Aufstiegsförderung nach bestandener Prüfung konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
K nahm an einer Aufstiegsfortbildung zur geprüften Industriemeisterin Metall und im folgenden Jahr an einer Aufstiegsfortbildung zur geprüften Technischen Betriebswirtin IHK teil. Für die Teilnahme an den Fortbildungen nahm K ihren Urlaub sowie Zeiten aus ihrem Arbeitszeitkonto in Anspruch.
Während der Dauer der Fortbildungen, die nicht auf Weisung des Arbeitgebers erfolgten, erhielt K weiterhin Gehalt. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährte der K ebenfalls Maßnahmedarlehen.
In den Darlehensverträgen wurde geregelt, dass ihr für den Fall, dass sie die Fortbildungsprüfung besteht, ein bestimmter Teil des zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewordenen Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erlassen wird.
Mit dem Finanzamt (FA) entstand Streit darüber, ob der erlassene Betrag steuerlich anzusetzen sei. Das Finanzgericht teilte die Ansichten der K. Der BFH sah die Revision des FA jedoch als begründet an.
Entscheidung im Besprechungsfall
Der Rückfluss bzw. die Erstattung (der Ersatz) von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen ist als Einnahme bei derjenigen Einkunftsart zu erfassen, bei der die Werbungskosten früher abgezogen worden sind.
Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist dabei ein Zusammenhang mit einem gegenwärtig bestehenden Arbeitsverhältnis nicht erforderlich. Nach Ansicht des BFH beruhen die gewährten teilweisen Erlasse der Darlehen seitens der KfW auf Gründen, die in der Erwerbssphäre der K liegen.
Denn Ziel der individuellen Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ist es, die Teilnehmer von Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung durch Beiträge zu den Kosten der Maßnahmen finanziell zu unterstützen.
Bei Bestehen der Fortbildungsprüfung ist gesetzlich ein teilweiser Erlass des zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewordenen Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren vorgesehen.
Der Erlass hängt daher dem Grunde nach allein vom Bestehen der Abschlussprüfung und nicht von der finanziellen Bedürftigkeit oder den persönlichen Lebensumständen des Darlehensnehmers ab. Er ist zudem der Höhe nach an dem konkreten Darlehen ausgerichtet.
Mit den durch die Beiträge einschließlich des Bestehenserlasses geförderten Fortbildungen strebte K eine Höherqualifizierung und damit eine Verbesserung ihrer beruflichen Möglichkeiten an.
Daher wiesen nach Ansicht des BFH auch die Leistungen der KfW einen hinreichenden Erwerbsbezug auf, so dass der Darlehenserlass als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen ist.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Grundsätze zur steuerlichen Behandlung des Erlasses von Darlehen zur Aufstiegsförderung weiter konkretisiert: Der Darlehensteilerlass bei der beruflichen Aufstiegsfortbildung, der allein vom Bestehen der Abschlussprüfung abhängt, stellt einen Ersatz von Werbungskosten aus Gründen dar, die in der Erwerbssphäre liegen - und führt daher zu Arbeitslohn.
BFH, Urt. v. 23.11.2023 - VI R 9/21