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Erbschaften: Wann greift die Steuerbefreiung für das Familienheim?

Kinder, die eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie erben, können die Erbschaftsteuer vermeiden, wenn sie die Immobilie selbst nutzen. Der BFH hat nun näher geklärt, welche Voraussetzungen hierbei gelten. Demnach muss das Familienheim regelmäßig innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall bezogen werden. Bei einem späteren Einzug ist die Steuerbefreiung nur noch in Ausnahmefällen möglich.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob die Renovierung des Familienheims die Freistellung bei der Erbschaftsteuer verhindert.

Sachlage im Streitfall

Nach der Erbauseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Bruder erhielt der Kläger an einem Zweifamilienhaus Alleineigentum. Die Eintragung als Alleineigentümer im Grundbuch erfolgte am 02.09.2015. Angebote von Handwerkern für eine Renovierung des Hauses holte der Kläger ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten im Haus begannen im Juni 2016.

Das Finanzamt (FA) hielt den Erwerb des Zweifamilienhauses für steuerpflichtig, während der Kläger sich auf die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG berief. Einspruch und Klage blieben erfolglos, während der BFH die Entscheidung aufhob.

Steuerbefreiung für den Erwerb

Steuerfrei ist u.a. der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem bebauten Grundstück von Todes wegen durch Kinder, soweit dies beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Streitig an dieser Voraussetzung im vorliegenden Fall ist lediglich, ob der Kläger das Zweifamilienhaus unverzüglich nach dem Erbfall als Familienheim genutzt hat.

Unverzügliche Selbstnutzung

Unverzüglich erfolgt nach Ansicht des BFH eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Dies bedeutet, dass ein Erwerber zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss.

Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall. Zieht der Erwerber innerhalb dieses Zeitraums in die Wohnung ein, kann i.d.R. davon ausgegangen werden, dass eine unverzügliche Bestimmung der Wohnung zur Selbstnutzung als Familienheim vorliegt.

Hat der Erwerber nach der ihm zuzubilligenden Bedenkzeit den Entschluss zum Einzug gefasst, benötigt er weitere Zeit für eine eventuelle Renovierung bzw. Gestaltung der Wohnung für eigene Wohnzwecke sowie für die notwendige Durchführung des Umzugs. Unter Berücksichtigung dieser gesamten Umstände erscheint ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall als erforderlich.

Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall nachweisen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Solche Gründe können z.B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben oder wegen der Klärung von Fragen zum Erbanfall und zu den begünstigten Erwerbern über den Sechsmonatszeitraum hinaus um einige weitere Monate verzögert.

Umstände im Einflussbereich des begünstigten Erwerbers, die nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führen (wie z.B. eine Renovierung der Wohnung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten.

Das kann nach Auffassung des BFH beispielsweise der Fall sein, wenn sich die Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Da der Kläger jedenfalls erst mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen hat sowie keine Gründe für diese Verzögerung vorgetragen hat, wies der BFH die Klage ab.

Praxishinweis

Der BFH hat für Rechtsklarheit gesorgt: „Unverzüglich“ im Zusammenhang mit der Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bedeutet einen Zeitraum von sechs Monaten. Da die Regelungen in § 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b ErbStG insoweit inhaltsgleich sind, ist wohl davon auszugehen, dass diese zeitliche Obergrenze für alle Alternativen des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung diese Grundsätze übernimmt. Jedenfalls sollten Erben, wenn sie die Steuerbefreiung für das Familienheim in Anspruch nehmen wollen, diese zeitliche Obergrenze beachten.

BFH, Urt. v. 28.05.2019 - II R 37/16

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht