Unter welchen Voraussetzungen kann die Überlassung einer Immobilie eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellen? Der BFH hat entschieden, dass eine private Vermietung eines Einfamilienhauses an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die nicht die laufenden Aufwendungen mit einem Gewinnaufschlag deckt, eine vGA darstellen kann. Entscheidend ist insbesondere der Fremdvergleich.
Der BFH hat mit zwei Urteilen vom 27.07.2016 entschieden, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nur dann ein Einfamilienhaus (EFH) zu (privaten) Wohnzwecken an einen Gesellschafter vermieten wird und somit keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, wenn dieser Gesellschafter die laufenden Kosten für sowohl den Ankauf als auch den Unterhalt in voller Höhe erstattet und zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag entrichtet.
Gemäß den Entscheidungen würde eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen ausnahmsweise nicht zu einer vGA führen, wenn bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgegangen werden kann. In jedem Fall ist es unerheblich, ob das Grundstück vollständig oder nur teilweise vermietet wird oder ob der eigenbetriebliche Nutzen der Immobilie überwiegt.
Beispielhafte Darstellung der Sachlage in einem der beiden Streitfälle
In einem der beiden konkreten Fälle erwarb eine GmbH ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück und vermietete dieses zu einer nicht kostendeckenden, aber ortsüblichen Miete an ihren Alleingesellschafter und Geschäftsführer zu – wie der BFH urteilte – privaten Wohnzwecken. Bei der Veranlagung machte die GmbH Reparaturkosten für die Heizungsanlage sowie Abschreibungen (AfA) im Zusammenhang mit der Vermietung des Einfamilienhauses geltend.
Das zuständige Finanzamt erkannte diese Betriebsausgaben nicht an, stellte stattdessen eine vGA fest und erhöhte die festzusetzende Körperschaftsteuer entsprechend. Dabei bezog es die Kapitalkosten für den Kaufpreis, die Gebäude-AfA, die Reparaturkosten und darauf einen Gewinnaufschlag i.H.v. 5 % ein. Im Zuge des dagegen gerichteten Einspruchs legte die GmbH u.a. eine Totalgewinnprognose vor und hatte damit insoweit Erfolg, als dass nur noch die nach § 28 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BV) ermittelte Instandhaltung berücksichtigt wurde und nicht die gesamten Reparaturkosten.
Das von der GmbH angerufene Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts. Auch der BFH bestätigte im anschließenden Revisionsverfahren die Ansicht des Finanzamts und wies die Revision als unbegründet zurück. Dabei bestätigte der BFH insbesondere, dass die Differenz zwischen der um einen Gewinnaufschlag von 5 % erhöhten Kostenmiete und der tatsächlich gezahlten Miete als vGA anzusehen ist.
Grundsätzliches zur Feststellung einer vGA durch den BFH
Unter einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die
- durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt,
- in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht und
- geeignet ist, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis regelmäßig angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Da eine Kapitalgesellschaft steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt, gehören angeschaffte Wirtschaftsgüter zum betrieblichen Bereich. Dementsprechend stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar bzw. bei späteren Veräußerungserlösen Betriebseinnahmen. Verluste aus derartigen Aufwendungen können dabei als vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sein.
Aktuelles zur Feststellung einer vGA durch den BFH
Nach Ansicht des BFH sind im Rahmen eines Fremdvergleichs im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA nicht immer die Grundsätze für die Einkünfteermittlung aus Vermietung und Verpachtung maßgeblich. Daher ist es bei der Prüfung einer vGA kein akzeptables Investitionsziel, eine Immobilie wie ein fremder Dritter zu marktüblichen Bedingungen an den Gesellschafter zu vermieten, um Steuervorteile zu erzielen.
Darüber hinaus und ebenfalls anders als bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung würde sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht mit der Erzielbarkeit eines Totalgewinns über einen gedachten Vermietungszeitraum von 30 Jahren zufriedengeben. Denn er würde in seine Kalkulation die zunächst über viele Jahre anfallenden und also auszugleichenden Verluste einbeziehen, die aufgrund fehlender Eigenkapitalverzinsung oder belastender Fremdkapitalzinsen sogar zu einer negativen Rendite bezogen auf die für den Ausgleich erforderlichen Eigen- oder Fremdmittel führen.
Praxishinweis
Der BFH hat nunmehr in gleich zwei Urteilen entschieden, dass eine nicht kostendeckende Vermietung eines Gebäudes an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer vGA führt. In einem der Urteile führt der BFH aus, dass es zur Qualifizierung als vGA weder darauf ankommt, ob das Grundstück vollständig vermietet wird, noch darauf, ob die eigenbetriebliche Nutzung überwiegt. Entscheidend ist insbesondere der Fremdvergleich. Darüber hinaus bekräftigte der BFH seine Rechtsprechung, einen angemessenen Gewinnzuschlag zur Ermittlung einer vGA der Höhe nach einzubeziehen.
Steuerpflichtige sollten darüber hinaus beachten, dass sogar bei einer positiven Totalgewinnprognose über – wie im betreffenden Fall – 30 Jahre eine vGA vorliegen kann. Denn nach Ansicht des BFH hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem erstmaligen Gewinn nach einer zu langen Zeit – im betreffenden Fall waren es 18 Jahre – eine Vermietung nicht vorgenommen.
BFH, Urt. v. 27.07.2016 - I R 12/15
BFH, Urt. v. 27.07.2016 - I R 8/15
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper