Die Bundesregierung will die steuerliche Verlustverrechnung bei Körperschaften neu ausrichten. So sollen qualifizierte Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse unter bestimmten Umständen nicht mehr zum Untergang eines Verlustvortrags führen. Die Verlustnutzung bei Körperschaften könnte so verbessert werden. Die Gesetzesänderung soll schon rückwirkend zum 01.01.2016 in Kraft treten.
Nach § 8c KStG gehen nicht genutzte Verluste teilweise oder vollständig unter, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse an einer Körperschaft ändern – bei einer Veränderung von mehr als 25 %, aber weniger als 50 % fallen die Verlustvorträge in Höhe des schädlichen Beteiligungserwerbs weg. Bei einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse von mehr als 50 % entfallen die gesamten Verlustvorträge. Von diesen Grundsätzen bestehen zwei Ausnahmen: Bei bestimmten Übertragungen im Konzern (sog. Konzernklausel) bleiben die Verlustvorträge erhalten. Dies gilt auch in dem Umfang, in dem im Zeitpunkt des schädlichen Erwerbs stille Reserven vorhanden sind (sog. Stille-Reserven-Klausel).
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen wird vielfach in Frage gestellt. Die Bundesregierung ist ebenfalls zu der Ansicht gelangt, dass auch nach Einführung der beiden genannten Ausnahmen Fälle aufgetreten sind, in denen ein Untergang der Verluste bei einem Anteilseignerwechsel in einer Körperschaft aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt und aus steuersystematischer Sicht nicht erforderlich ist.
Der Grund für die Einführung des § 8c KStG bestand darin, dass der Handel mit „Verlustmänteln“ unterbunden werden sollte. Allerdings sind diese Regelungen in bestimmten Konstellationen zu weitgehend, so dass die Bundesregierung nun in einem aktuellen Gesetzentwurf durch die Einführung eines neuen § 8d KStG den Erhalt der Verlustvorträge sicherstellen will.
Inhalt des § 8d KStG-E
Die Voraussetzungen für den Erhalt der Verlustvorträge nach § 8d KStG-E sind:
- ein Antrag der Körperschaft und
- Unterhalten desselben Geschäftsbetriebs seit der Gründung oder mindestens seit drei Jahren vor der Veränderung der Beteiligungsverhältnisse.
Dieser fortführungsgebundene Verlustvortrag wird jährlich gesondert festgestellt und kann so lange vorgetragen werden, wie kein schädliches Ereignis eintritt. Als schädliche Ereignisse nennt der Gesetzentwurf:
- Der Geschäftsbetrieb wird eingestellt,
- der Geschäftsbetrieb wird ruhend gestellt,
- der Geschäftsbetrieb wird einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt,
- die Körperschaft nimmt einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb auf,
- die Körperschaft beteiligt sich an einer Mitunternehmerschaft,
- die Körperschaft übernimmt die Stellung eines Organträgers oder
- auf die Körperschaft werden Wirtschaftsgüter übertragen, die von der Körperschaft zu einem geringeren als dem gemeinen Wert angesetzt werden.
Der Gesetzentwurf enthält eine Legaldefinition des Geschäftsbetriebs: Dieser umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer.
Anwendungsbereich des § 8d KStG-E und Inkrafttreten
Diese Regelungen sollen im Rahmen der Gewerbesteuer ebenfalls gelten und im Rahmen der Zinsschranke nach § 4h EStG ebenfalls anzuwenden sein. Nach dem Gesetzentwurf soll die Neuregelung bereits zum 01.01.2016 in Kraft treten.
Praxishinweis
Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG ist vielfach zu weitgehend und insbesondere bei der Stille-Reserven-Klausel sehr streitanfällig, weil der Umfang der stillen Reserven naturgemäß schwer festzustellen ist. Dazu sind oftmals Gutachten von Sachverständigen erforderlich, die die Finanzverwaltung nicht ohne weiteres akzeptiert. Da die Neufassung bereits zum 01.01.2016 in Kraft treten soll, werden auch Anteilsübertragungen aus diesem Jahr erfasst. Zwar wird es sicherlich künftig Streit geben, ob ein Geschäftsbetrieb vorliegt, weil die Definition letztlich auf eine Gesamtbetrachtung und damit eine Einzelfallentscheidung abstellt. Gleichwohl geht dieser Gesetzentwurf in die richtige Richtung und ist zu begrüßen.
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften v. 14.09.2016
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz