Was hat sich bei der Umsatzsteuer zuletzt geändert, und was ändert sich im kommenden Jahr? Während das Steueränderungsgesetz 2015 neue Regelungen beim unrichtigen bzw. unberechtigten Steuerausweis sowie dem Reverse-Charge-Verfahren vorsieht, greifen 2016 Änderungen bei der Vorsteuervergütung für Unternehmer aus Drittländern. Auch der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wird angepasst.
Häufig gehen mit dem Jahreswechsel auch gravierende umsatzsteuerliche Änderungen einher. Doch anders als in der Vergangenheit sind die meisten Neuregelungen in diesem Jahr entweder bereits vor dem Jahreswechsel in Kraft getreten oder sie werden erst im Laufe des Jahres 2016 relevant. Die wichtigsten umsatzsteuerlichen Änderungen ergeben sich aus dem Steueränderungsgesetz 2015 sowie aus dem Zollkodexanpassungsgesetz. Die vom BMF am 15.12.2015 veröffentlichte Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) zum 31.12.2015 berücksichtigt die bereits im BStBl veröffentlichte Rechtsprechung der jüngsten Zeit und enthält einige redaktionelle Klarstellungen.
Steueränderungsgesetz 2015: Reverse-Charge und unrichtiger Steuerausweis
Das Steueränderungsgesetz 2015 enthält etliche umsatzsteuerliche Regelungen, die allerdings schon ab dem 06.11.2015 gelten. Dies betrifft zunächst den Zeitpunkt der Steuerentstehung beim unrichtigen bzw. unberechtigten Steuerausweis. Bisher entstand die Steuer beim unrichtigen oder unberechtigten Ausweis in dem Zeitpunkt, zu dem auch die Steuer für die betreffende Leistung entstand; spätestens bei Ausgabe der Rechnung. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG n.F. ist jetzt sowohl beim unrichtigen (neu) als auch beim unberechtigten Steuerausweis (wie bisher) nur noch der Zeitpunkt der Rechnungsausgabe entscheidend.
Neuerungen beim Reverse-Charge-Verfahren ergeben sich auch bei Betriebsvorrichtungen. Bei bestimmten Bauleistungen kommt es nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahren), sofern dieser selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Zwischen der Finanzverwaltung und dem BFH war streitig, ob auch Betriebsvorrichtungen als „Bauwerke“ im Sinne der Vorschrift zu verstehen sind. Das Steueränderungsgesetz 2015 hat eine gesetzliche Klarstellung im Sinne der Verwaltungsauffassung in § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG n.F. eingeführt, so dass künftig Betriebsvorrichtungen als Grundstücke gelten, wenn sie in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Zudem gibt es weitere Änderungen beim Reverse-Charge-Verfahren bei Leistungen an juristische Personen öffentlichen des Rechts. Für diese hat die Finanzverwaltung bisher einige Ausnahmen (Abschn. 13b.3 Abs. 12 Satz 2 UStAE; Abschn. 13b.3a Abs. 4 Satz 2 UStAE) im Anwendungserlass geregelt, weil es insoweit leicht einzuschätzen ist, ob Leistungen für den nichtunternehmerischen (hoheitlichen) oder den unternehmerischen Bereich bezogen werden. Diese Ausnahmen sind ins Gesetz aufgenommen sowie erweitert worden. Neben Bauleistungen, Strom- und Gaslieferungen werden ebenso Lieferungen von Altmetallen und Schrott (Anlage 3 zum UStG), Gebäudereinigungsleistungen, Lieferungen von Gold, Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen und Lieferungen bestimmter edler und unedler Metalle (Anlage 4 zum UStG) erfasst.
Weiterhin wurde die für das Reverse-Charge-Verfahren bei der Lieferung bestimmter edler und unedler Metalle geltende Nr. 3 der Anlage 4 zum UStG eindeutiger gefasst.
Schließlich ist die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand gesetzlich neu geregelt worden. Die bisherige Regelung wurde reformiert und an unionsrechtliche Vorgaben (Art. 13 MwStSystRL) angepasst. Dazu wird der bisherige § 2 Abs. 3 UStG aufgehoben und durch einen neuen § 2b UStG ersetzt. Bisher waren juristische Personen des öffentlichen Rechts nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Die Definition eines Betriebs gewerblicher Art ist nach den Regelungen des Körperschaftsteuerrechts (§ 4 KStG) zu beurteilen. Im neuen § 2b UStG werden jetzt die hoheitlichen Tätigkeiten aus dem unternehmerischen Bereich ausgeklammert, sofern es dadurch nicht zu (größeren) Wettbewerbsverzerrungen kommt.
Hierfür gilt eine Übergangsregelung: Das alte Recht (§ 2 Abs. 3 UStG) ist auch für das Jahr 2016 weiterhin anzuwenden. Erst ab 2017 gilt dann grundsätzlich das neue Recht (§ 2b UStG). Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben allerdings ein Wahlrecht, die bisherige Regelung bis einschließlich 2020 weiter anzuwenden. Das Wahlrecht wird durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Finanzamt bis Ende 2016 ausgeübt. Es kann nur einheitlich für alle Tätigkeitsbereiche bzw. Leistungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt werden, und ein Widerruf ist mit Wirkung ab dem Folgejahr möglich.
Ab Mitte 2016: Änderung bei der Vorsteuervergütung für Drittlandsunternehmer
Bereits im Jahr 2014 wurde die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (§ 61a Abs. 1 UStDV i.d.F. der Mantelverordnung 2014) mit Wirkung ab 2016 geändert: Die Vorsteuervergütung für Unternehmer aus Drittländern ist ab 01.07.2016 nur noch elektronisch über das Bundeszentralamt für Steuern möglich. Nur in Härtefällen wird auf Antrag auch noch ein eigenhändig unterschriebener Papierantrag zugelassen.
Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Die Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses berücksichtigen hingegen lediglich die jüngst ergangene Rechtsprechung, soweit diese im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden ist. Darüber hinaus beseitigen sie einige redaktionelle Unschärfen. Materielle Änderungen sind nicht aufgenommen worden, insbesondere nicht die genannten gesetzlichen Neuregelungen.
Praxishinweis
Von den gesetzlichen Änderungen betreffen die meisten Unternehmer vor allem die Regelungen über unzutreffende Rechnungen bzw. den Zeitpunkt der Steuerentstehung sowie zum Übergang der Steuerschuld bei Betriebsvorrichtungen im Zusammenhang mit Bauwerken. Gravierende Auswirkungen sind dabei aber nicht zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, welche Probleme sich in der Praxis ergeben werden.
BMF-Schreiben v. 15.12.2015 - III C 3 - S 7015/15/10003
Steueränderungsgesetz 2015 v. 02.11.2015, BGBl 2015 I 1834
Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22.12.2014, BGBl 2014 I 2417
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz
Weitere Informationen zum Steueränderungsgesetz 2015 (StÄndG 2015 / JStG 2016) finden Sie auf jahressteuergesetz.de!