Wann ist eine Holdinggesellschaft, die an ihre Tochtergesellschaft Gebäude vermietet, zum Vorsteuerabzug berechtigt? Nach dem EuGH hängt dies insbesondere davon ab, ob die Vermietungsumsätze im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit steuerpflichtig sind. Die fraglichen Kosten dürfen dann aber nur jeweils die Tochtergesellschaft betreffen, denen die Holding das Gebäude vermietet hat.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer aktuellen Entscheidung zu der Frage Stellung genommen, ob nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft zum Abzug der Mehrwertsteuer auf die Ausgaben berechtigt, die der Holding aufgrund des Erwerbs von Anteilen an dieser Tochtergesellschaft entstehen.
Im Streitfall bestand der Gesellschaftszweck der Holdinggesellschaft eines Konzerns u.a. darin, Anteile an mehreren Tochtergesellschaften des Konzerns zu verwalten. Diesen vermietete die Holding außerdem ein Gebäude, daneben veräußerte und erwarb sie Wertpapiere an den Tochtergesellschaften. Die Mehrwertsteuer auf die Kosten im Zusammenhang mit diesen Transaktionen zog sie vollständig ab.
Im Anschluss an eine Steuerprüfung versagte die Finanzverwaltung diesen Vorsteuerabzug: Bei den betreffenden Kosten handele es sich um Kapitaltransaktionen, die vom Anwendungsbereich des Abzugsrechts ausgeschlossen seien. Dagegen klagte die Holding erfolglos vor den französischen Verwaltungsgerichten, woraufhin sie sich an den Staatsrat Frankreichs wandte, der die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte.
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach der MwStSystRL
Der bloße Erwerb finanzieller Beteiligungen an anderen Unternehmen stellt keine Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dar. Jedoch sind Eingriffe einer Holdinggesellschaft in die Verwaltung von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, eine steuerlich relevante Tätigkeit, wenn sie der Mehrwertsteuer unterliegen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Holdinggesellschaft administrative, buchhalterische, finanzielle, kaufmännische, der Informatik zuzuordnende oder technische Dienstleistungen für ihre Tochtergesellschaften erbringt.
Steuerpflicht der Vermietungsumsätze
Im Streitfall hat die Holding den Tochtergesellschaften, für die ihr Ausgaben beim Erwerb von deren Wertpapieren entstanden, lediglich Dienstleistungen in Form der Vermietung eines Gebäudes erbracht oder wollte diese erbringen.
Für den EuGH stellt die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft einen Eingriff in deren Verwaltung dar, der als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist und zum Vorsteuerabzug berechtigt. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Dienstleistung nachhaltig ist sowie entgeltlich erbracht und besteuert wird. Insbesondere darf die Vermietung nicht von der Steuer befreit sein.
Folgerichtig ist zu berücksichtigen, dass die Holding auch steuerfreie Umsätze erbringen kann, so dass ihr gegebenenfalls nur ein anteiliger Vorsteuerabzug zusteht. Denn wenn eine Holding nur bei einigen ihrer Tochtergesellschaften an der Verwaltung teilnimmt und für die übrigen keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, berechtigen von den Kosten, die die Holding im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften getragen hat, nur jene bezüglich der erstgenannten Tochtergesellschaften zum Vorsteuerabzug.
Aus diesem Grund gibt der EuGH dem vorlegenden Gericht auf, noch zu prüfen, ob die fraglichen Kosten nur die Tochtergesellschaften betreffen, denen die Holding das Gebäude vermietet hat, oder auch andere Tochtergesellschaften.
Abschließend weist der EuGH darauf hin, dass bei der Bewertung des Abzugsrechts der Holding weder der Umsatz, den sie aus Vermietungsdienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erzielte, noch ihre Einkünfte aus ihrer Beteiligung am Kapital der Tochtergesellschaften berücksichtigt werden dürfen, um eine betrügerische oder missbräuchliche Geltendmachung dieses Rechts zu verhindern.
Praxishinweis
Zwar hat der EuGH auf die Vorlage eines französischen Gerichts entschieden, aber er hat dabei die Grundsätze der MwStSystRL angewandt, so dass die Entscheidung auch für deutsche Gesellschaften gilt. Eine Holding hat ein Recht auf Vorsteuerabzug, auch wenn sie nur Vermietungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt. Dies setzt aber voraus, dass die Vermietung steuerpflichtig erbracht wird. Im Zweifel sollte die Holding dann die Option zur Steuerpflicht der Vermietungsumsätze ausüben. Holdinggesellschaften sollten also prüfen, ob die Leistungsbeziehungen entsprechend gestaltet werden können, wenn ein Vorsteuerabzug gewollt ist.
EuGH, Urt. v. 05.07.2018 - C?320/17
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht