Die Pläne der EU-Kommission zur Mehrwertsteuerreform bestehen nicht aus einer in sich geschlossenen Veröffentlichung, sondern aus mehreren Vorschlagspapieren, die seit 2017 sukzessive veröffentlicht wurden. Auf der Website der EU-Kommission (www.ec.europa.eu) finden sich außer den Vorschlagspapieren selbst noch umfangreiche Zusammenfassungen, Grafiken und Erläuterungen.
Kernstück der Vorschlagspapiere ist der „Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems und zur Einführung des endgültigen Systems der Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ (COM(2017) 569) vom 04.10.2017. Darin werden die wesentlichen Grundpfeiler für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem festgelegt:
- Besteuerung grenzüberschreitender Lieferungen von Gütern in der EU am Bestimmungsort mit dem Steuersatz des Bestimmungsorts,
- Verantwortlichkeit des Verkäufers für die Berechnung und Erhebung der Umsatzsteuer inkl. entsprechender Haftung (Ausnahme: der Käufer ist ein „zertifizierter Steuerpflichtiger“) und
- Ausweitung des Systems der zentralen Anlaufstelle.
Die zentrale Anlaufstelle spielt aktuell bereits bei der Besteuerung von E-Services an Nichtunternehmer eine wichtige Rolle. Der Plan ist, dass Unternehmen sie bei allen Erklärungen, Zahlungen und Abrechnungen im Rahmen von innergemeinschaftlichen Lieferungen nutzen können. Eine Registrierung und ein direkter Kontakt mit der Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats sollen dann nicht mehr erforderlich sein.
Darüber hinaus sind drei Sofortmaßnahmen vorgesehen, die das derzeitige System verbessern sollen, bis das endgültige System umgesetzt wurde:
- Vereinfachung der Vorschriften für Konsignationslager,
- Vereinfachung der Vorschriften für Reihengeschäfte und
- Vereinfachung des Nachweises für die Beförderung von Gütern zwischen zwei Mitgliedstaaten.
Ebenfalls am 04.10.2017 hat die EU-Kommission den „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 hinsichtlich des zertifizierten Steuerpflichtigen“ (COM(2017) 567) herausgegeben, der komplett neu ist und zu zwei Klassen von Steuerpflichtigen führen wird.
Am 30.11.2017 folgte der „Geänderte Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 940/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer“ (COM(2017) 706).
Im Jahr 2018 wurden noch zwei weitere Vorschläge veröffentlicht, und zwar der „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen“ (COM(2018) 21) und der „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze“ (COM(2018) 20).
Alle Vorschläge müssen den Mitgliedstaaten im Rat der EU zur Zustimmung und dem europäischen Parlament zur Stellungnahme vorgelegt werden. Die EU-Kommission plant, noch im Jahr 2018 detaillierte Vorschläge zur Änderung der MwStSystRL auf technischer Ebene vorzulegen.