Welche Zahlungen von Krankenversicherungen an Versicherte mindern den Abzug von Sonderausgaben bei den Beiträgen zur Basiskranken- und Pflegeversicherung? Der BFH hat entschieden, dass erstattete Beiträge mit den im selben Veranlagungsjahr gezahlten Beiträgen verrechnet werden müssen. Bonusleistungen für Gesundheitsmaßnahmen werden von der Rechtsprechung allerdings steuerlich anders bewertet.
Der BFH hat mit Urteil vom 06.07.2016 entschieden, dass erstattete Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung mit den im selben Veranlagungsjahr gezahlten Beiträgen zu verrechnen sind und insoweit zu einer Kürzung der abziehbaren Sonderausgaben führen.
Im konkreten Fall hatte ein Steuerpflichtiger im Veranlagungsjahr 2010 eine Beitragserstattung von seiner privaten Krankenversicherung für das Jahr 2009 erhalten. Das zuständige Finanzamt verrechnete die Erstattung mit den geltend gemachten Sonderausgaben, indem es die abziehbaren Sonderausgaben für das Jahr 2010 minderte.
Der Steuerpflichtige führte in seinem Einspruch dagegen an, dass die Krankenversicherungsbeiträge – nach altem, bis einschließlich 2009 gültigen Gesetz – im Jahr 2009 nur beschränkt abziehbar gewesen seien und sich somit nicht in voller Höhe auf die Sonderausgaben ausgewirkt hätten. Dementsprechend sei eine Verrechnung im speziellen Fall des Jahres 2010 „systemwidrig“. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht der Klage des Steuerpflichtigen statt. Im anschließenden Revisionsverfahren gab der BFH jedoch dem Finanzamt Recht und beurteilte die Kürzung der abziehbaren Sonderausgaben im Jahr 2010 als rechtmäßig.
Unbeschränkter Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge seit 2010
Grundsätzlich sind seit der Einführung des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung ab dem Jahr 2010 die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar. Bis dahin konnten die Beiträge nur in begrenztem Umfang steuerlich abgesetzt werden.
Laut ständiger Rechtsprechung des BFH sind als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 EStG nur solche Ausgaben zu berücksichtigen, die dem Steuerpflichtigen tatsächlich und endgültig entstanden sind. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass bei häufig wiederkehrenden Sonderausgaben am Ende des Veranlagungszeitraums zum 31.12. des jeweiligen Jahres die endgültige Belastung noch nicht feststeht. Mögliche Erstattungen von Beiträgen werden regelmäßig erst im Folgejahr des Jahres gewährt, auf das sie sich beziehen.
Nach Ansicht des BFH und der gängigen Verwaltungspraxis sind erstattete Beiträge mit im selben Jahr gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen. Nur für den Fall, dass im Erstattungsjahr im Rahmen der Veranlagung nicht ausreichend gleichartige Sonderausgaben vorhanden sind, ist eine Verrechnung im Jahr der Zahlung geboten, da sonst ein unbilliger Erstattungsüberhang resultieren würde.
Verrechnungsgrundsätze gelten auch für die Jahre vor 2010
Gemäß BFH gelten diese Grundsätze für die Verrechnung von Beiträgen auch, wenn die erstatteten Beiträge im Jahr ihrer Zahlung nur beschränkt abziehbar waren, da die unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen für die Beurteilung der Gleichartigkeit der Sonderausgaben unbeachtlich sind. Ebenso hat die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen keinen Einfluss auf die Verrechnungsmethode.
Dazu argumentiert der BFH wie folgt: Zwar kann sich die Verrechnung im Erstattungsjahr einerseits negativ für den Steuerpflichtigen auswirken – wie im aktuellen Fall der beschränkten Abziehbarkeit für das Jahr 2009. Andererseits könnte sich eine entsprechende Verrechnung auch positiv auswirken, z.B. wenn im Erstattungsjahr nur noch ein beschränkter Sonderausgabenabzug möglich wäre. Im Ergebnis bestehe also Belastungsneutralität.
Kein Widerspruch zur Rechtsprechung des BVerfG
Die im Jahr 2010 vorgenommene Verrechnung der Beträge steht aus Sicht des BFH auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG. Diese besagt, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, den Sonderausgabenabzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen unzureichend zu erfassen. Allerdings betrifft auch das nur denjenigen Teil der entstandenen Aufwendungen, der den Steuerpflichtigen tatsächlich wirtschaftlich endgültig belastet.
Praxishinweis
Der BFH hat nunmehr entschieden, dass sowohl für die Jahre vor dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung als auch für die darauffolgenden Jahre eine Verrechnung von erstatteten Krankenversicherungsbeiträgen mit den abziehbaren Sonderausgaben zulässig ist – und zwar i.d.R. im Erstattungsjahr.
Anders bewertet wird jedoch die steuerliche Behandlung von Bonusleistungen. Mit Urteil vom 01.06.2016 hat der BFH entschieden, dass Bonusleistungen der Versicherung, bei denen diese einen Teil der (vom steuerpflichtigen Versicherungsnehmer getragenen) Kosten für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen übernimmt, keine Erstattung der an die Versicherung gezahlten Krankenversicherungsbeiträge darstellen – und somit auch nicht den Sonderausgabenabzug des Steuerpflichtigen mindern.
Hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, zwischen einer Bonusleistung oder einer Erstattung zu wählen, so sollte er sich aus steuerlicher Sicht eher für eine Bonusleistung entscheiden, da diese den Sonderausgabenabzug nicht einschränkt.
BFH, Urt. v. 06.07.2016 - X R 6/14
BFH, Urt. v. 01.06.2016 - X R 17/15
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper