Wann kann Kleidung, die im beruflichen Rahmen getragen wird, steuerlich berücksichtigt werden? Das Finanzgericht Münster hat die Voraussetzungen für die Absetzbarkeit als Werbungskosten aufgezeigt. Demnach muss es sich um typische Berufskleidung handeln, die eindeutig auf eine berufliche Verwendung ausgerichtet ist. Geklagt hatte ein Orchestermusiker, der bei Konzerten einen Anzug tragen musste.
Das Finanzgericht Münster hat in einer aktuellen Entscheidung darüber entschieden, ob der Anzug eines Berufsmusikers typische Berufskleidung darstellt und die dafür anfallenden Kosten Werbungskosten sein können.
Sachverhalt des Entscheidungsfalls
Ein Musiker, der u.a. bei einem Philharmonischen Orchester angestellt war, ist aufgrund seines Anstellungsvertrags verpflichtet, bei Konzerten bestimmte Kleidung in Form einer schwarzen Hose und eines schwarzen Sakkos zu tragen. Für diese Kleidung zahlte der Arbeitgeber ein monatliches Kleidergeld, das der Lohnsteuer unterworfen wird. In seiner Einkommensteuererklärung setzte der Musiker die Kosten für ein schwarzes Sakko und zwei schwarze Hosen von insgesamt ca. 560 € erfolglos als Werbungskosten an. Die Klage des Musikers war erfolglos.
Definition typischer Berufskleidung
Von typischer Berufskleidung ist auszugehen, wenn ihre berufliche Verwendungsbestimmung bereits in ihrer Beschaffenheit angelegt ist. Dies kann entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion oder durch ihre Schutzfunktion der Fall sein. Die Unterscheidungsfunktion zeigt sich z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme, während die Schutzfunktion z.B. bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o.Ä. im Vordergrund steht.
Abgrenzung der typischen Berufskleidung von Alltagskleidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster erfüllen das schwarze Sakko und die zwei schwarzen Hosen diese Voraussetzungen nicht. Aus der Beschaffenheit dieser Kleidungsstücke lässt sich keine berufliche Verwendungsbestimmung ableiten. Diese Begründung wird nach dem Finanzgericht noch durch den Umstand gestärkt, dass diese Kleidungsstücke nicht in einem speziell auf Berufskleidung ausgerichteten Geschäft, sondern in einem normalen Ladengeschäft gekauft worden sind, in dem ausschließlich bürgerliche Kleidung bzw. Alltagskleidung angeboten wird.
Trotz der Angaben des Musikers, dass er das schwarze Sakko und die zwei schwarzen Hosen ausschließlich im Rahmen seiner Tätigkeit als Orchestermusiker trägt, ist die Benutzung der schwarzen Kleidungsstücke für private Zwecke grundsätzlich möglich und bei einem entsprechend festlichen privaten Anlass wie einem runden Geburtstag, einer Hochzeit oder einer Konfirmation auch üblich. Darin besteht nach Gerichtsauffassung der wesentliche Unterschied des schwarzen Anzugs des Berufsmusikers zu Kleidungsstücken, die aufgrund ihrer beruflichen Verwendung nicht im privaten Bereich getragen werden können.
Da aber Aufwendungen für bürgerliche Kleidung auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden können, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt wird, ist ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG greift bereits, wenn die private Benutzung eines Kleidungsstücks als bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt. Ob diese private Benutzung auch tatsächlich vorliegt, ist unerheblich. Diese Aufwendungen sind somit der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen. Daher scheidet auch eine zeitliche Aufteilung der gemischt veranlassten Aufwendungen aus – die Anschaffung bürgerlicher Kleidung als Teil der allgemeinen Lebensführung ist grundsätzlich vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
Die Kleidung des Orchestermusikers dient allein dem festlichen Erscheinungsbild des gesamten Orchesters und soll nicht die herausgehobene Position eines bestimmten Musikers unterstreichen, anders als bei einem Leichenbestatter oder einem Oberkellner, deren schwarze Anzüge der typischen Berufskleidung zugerechnet werden.
Zahlung des Kleidungsgeldes führt nicht zu berufstypischer Kleidung
Zwar erkennt der Arbeitgeber durch Zahlung des Kleidergeldes an, dass er durch seine Bekleidungsvorschrift zur Entstehung der Ausgaben beigetragen hat. Aber der Arbeitgeber hat die private Nutzung der Kleidungsstücke nicht untersagt. Eine Verpflichtung, diese Kleidungsstücke nach der Benutzung für das Orchester im Theater etc. zu belassen, besteht ebenfalls nicht. Aus diesen Gründen führt auch die monatliche Zahlung eines Kleidergeldes nicht zur Annahme typischer Berufskleidung.
Praxishinweis
Das Finanzgericht Münster hat die Revision nicht zugelassen. Diese Entscheidung wendet nach Ansicht des Gerichts die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur Aufteilung gemischt genutzter Aufwendungen konsequent an. Gleichzeitig lässt sich aus den Entscheidungsgründen aber ableiten, dass bei entsprechender Gestaltung ein Abzug möglich wäre: Die Kleidung müsste beispielsweise immer im Theater etc. belassen und eine private Nutzung untersagt werden. Daraus ließe sich dann wohl eine Abzugsmöglichkeit herleiten. Dies gilt aber nur für angestellte Musiker. Bei selbständigen Musikern dürfte dies schwer umsetzbar sein – es sei denn, das Theater etc. untersagt diesen die Mitnahme nach Hause. Dies dürften aber wohl weder das Theater noch der Musiker wollen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das Finanzgericht Münster einen Weg aufzeigt, mit dem auch solche Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden könnten. Dies sollten Arbeitgeber bedenken, wenn sie ihren Mitarbeitern bestimmte Kleidung, die auch im Alltag getragen werden kann, für die Berufsausübung vorschreiben.
Finanzgericht Münster, Urt. v. 13.07.2016 - 8 K 3646/15 E
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz