Wann müssen Arbeitgeberleistungen steuerlich angerechnet werden? Der BFH hat entschieden: Der Abzug von Kosten für eine vorschulische Kinderbetreuung ist um die hierfür steuerfrei gezahlten Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen. Der BFH stellte zudem klar: Kinderbetreuungskosten sind seit dem Veranlagungszeitraum 2012 als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu behandeln.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 01.09.2021 (III R 54/20) dazu Stellung genommen, ob ein Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben möglich ist, wenn der Arbeitgeber steuerfreie Leistungen zur vorschulischen Kinderbetreuung erbringt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Das Kind der klagenden Eheleute K besuchte einen Kindergarten. Dafür zahlten die Eheleute Kindergartenbeiträge. Der Arbeitgeber des einen Elternteils zahlte zur Unterbringung und Betreuung des Kindes Leistungen in Höhe der Beiträge, die steuerfrei nach § 3 Nr. 33 EStG waren.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die Kindergartenbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Einspruch und Klage waren erfolglos, der BFH folgte dem.
Sonderausgabenabzug von Kinderbetreuungskosten
Einleitend stellte der BFH fest, dass Kinderbetreuungskosten seit dem Veranlagungszeitraum 2012 dem Grunde nach als Sonderausgaben zu behandeln sind und nicht als Werbungskosten. Dies ergibt sich für den BFH eindeutig aus der Auslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG.
Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen“ und aus dem Zweck des § 10 EStG (nämlich bestimmte Privatausgaben, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern, vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen) folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist.
Grundsätzlich ist es zwar ohne Bedeutung, wie der Steuerpflichtige Sonderausgaben finanziert. Das gilt aber nicht uneingeschränkt für den Fall, dass ihm Zuwendungen von seinem Arbeitgeber gewährt worden sind, die den Zweck haben, vom Arbeitnehmer für Leistungen verwendet zu werden, die der Erbringung von Sonderausgaben dienen.
Der Steuerpflichtige wird durch die Beiträge in dem Umfang nicht belastet, in dem der Arbeitgeber hierfür einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt. Im Besprechungsfall dienten die steuerfreien Leistungen genau dem Zweck, die wirtschaftliche Belastung durch die Kinderbetreuungskosten zu mindern.
Die Anrechnung der steuerfreien Leistungen auf die Sonderausgaben entspricht nach Ansicht des BFH auch dem Gesetzeszweck. Denn § 10 EStG betrifft im Gegensatz zu § 9 EStG nicht die Ermittlung der Einkünfte, die durch Einsatz von Arbeit und/oder Kapital erwirtschaftet wurden, sondern eröffnet ausnahmsweise den Abzug von Ausgaben, die nicht mit der Einkünfteerzielung zusammenhängen. Dies ist Ausdruck des sogenannten subjektiven Nettoprinzips.
Darüber hinaus geht es bei den nach § 3 Nr. 33 EStG zusätzlich zum Arbeitslohn erbrachten Leistungen nicht um Leistungen, die der freien Disposition des Empfängers überlassen werden.
Vielmehr handelt es sich um eine zweckgebundene steuerbare Leistung, die nur dann steuerfrei belassen wird, wenn sie für den im Gesetz benannten Zweck („Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen“) verwendet wird.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung die Grundsätze für den Abzug von Kinderbetreuungskosten konkretisiert: Kinderbetreuungskosten sind seit dem Veranlagungszeitraum 2012 als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu behandeln.
Erbringt der Arbeitgeber steuerfreie Leistungen zur vorschulischen Kinderbetreuung, so ist der Sonderausgabenabzug in Höhe dieser Leistungen zu kürzen. Denn der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird. Dies entspricht den allgemeinen Grundsätzen, die der BFH für Sonderausgaben entwickelt hat.
BFH, Urt. v. 01.09.2021 - III R 54/20
Quelle: Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht