Sind Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung auch dann absetzbar, wenn Ehepartner gemeinsam mit ihrem Kind am Beschäftigungsort wohnen? Das Finanzgericht Münster hat dies für den Fall bejaht, dass am Heimatort ein eigener Hausstand unterhalten und dort der Lebensmittelpunkt beibehalten wird. Indizien hierfür können das soziale Umfeld, das Vereinsleben oder auch die Arztwahl sein.
Mit Urteil vom 26.09.2018 hat das Finanzgericht Münster (FG) entschieden, dass die Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung auch dann anzuerkennen sind, wenn die Steuerpflichtigen in ihrem Heimatort einen eigenen Hausstand unterhalten und nicht als Gäste anzusehen sind. Der Lebensmittelpunkt des betroffenen Paars wurde im Heimatort beibehalten, weil sich dort deren gesamtes Privatleben abspielte.
Das berufstätige Ehepaar lebte gemeinsam mit seiner Tochter in einer mehr als 300 km vom Heimatort entfernten Mietwohnung und machte Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Gleichzeitig war es Miteigentümer eines mit einem Bungalow bebauten Grundstücks, welcher sowohl von der Mutter als auch von der restlichen Familie bewohnt wurde.
Am Heimatort befanden sich u.a. die Haus- und Zahnärzte der Steuerpflichtigen und der Tochter, außerdem war der Ehemann dort Mitglied im Anglerverein. Die Eheleute trugen die laufenden Kosten und Instandhaltungsmaßnahmen am Bungalow.
Das zuständige Finanzamt (FA) verwehrte nun allerdings den Werbungskostenabzug für die Kosten der wöchentlichen Familienheimfahrten und die Kosten für die Unterkunft am Beschäftigungsort. Nach Ansicht des FA sei grundsätzlich nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort liege und das Ehepaar in seinem Heimatort keinen eigenen Hausstand unterhielt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt. Die Einkommensteuerbescheide sind entsprechend zu ändern.
Voraussetzung eines eigenen Hausstands
Grundsätzlich sind Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, als Werbungskosten zu berücksichtigen. Solche liegen jedoch nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitstätte wohnt.
Ein eigener Hausstand erfordert, dass dieser vom Arbeitnehmer aus eigenem oder abgeleitetem Recht genutzt wird und die Wohnung zumindest gleichberechtigt mitbenutzt werden kann. Ferner muss der Hausstand unterhalten oder zumindest mitunterhalten werden. Seit 2014 verlangt das Gesetz für das Vorliegen eines „eigenen“ Hausstands zusätzlich auch, dass eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung erfolgt.
Wird eine Wohnung mit einer anderen Person zusammen bewohnt, so liegt dann kein eigener Hausstand vor, wenn der Arbeitnehmer die Hausstandsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern beispielsweise als Gast in einen fremden Hausstand eingegliedert ist. Dabei ist immer eine Gesamtschau in der Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.
Im vom FG entschiedenen Fall standen den Steuerpflichtigen drei Räume zur alleinigen Nutzung zur Verfügung und Küche, Bad und Esszimmer wurden mit der Mutter geteilt. Darüber hinaus haben sie sich auch an den Kosten für den Haushalt beteiligt, indem sie Abfall- und Wassergebühren übernommen haben, sich an den notwendigen Instandhaltungsarbeiten beteiligten und sowohl Kosten für Reparaturen und Pflasterarbeiten wie auch für Einkäufe getragen haben.
Lebensmittelpunkt
Grundsätzlich ist eine Einzelfallabwägung erforderlich, um zu prüfen, ob eine außerhalb des Beschäftigungsorts liegende Wohnung als Mittelpunkt der Lebensinteressen anzusehen ist. Indizien können sich ergeben aus dem Vergleich von Größe und Ausstattung der Wohnungen sowie aus Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte in den Wohnungen. Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort, an dem auch der Ehepartner wohnt. Auch hier empfiehlt sich allerdings eine genaue Einzelfallbetrachtung.
Praxishinweis
Der Abzug von Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung führt für Steuerpflichtige häufiger zu Diskussionen mit dem FA. Das aktuelle Urteil zeigt, dass es auch möglich ist, den Lebensmittelpunkt nicht an der ersten Tätigkeitstätte zu begründen, obwohl die Familie einschließlich Kind während der Arbeitswoche dort lebt. Es sind immer die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Steuerpflichtige sollten stets beachten, dass das soziale Umfeld, das Vereinsleben oder auch die Arztwahl Indizien für den Lebensmittelpunkt sind.
FG Münster, Urt. v. 26.09.2018 - 7 K 3215/16 E
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper