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Einkommensteuer -

Ehegattensplitting: Rückwirkung bei Umwandlung von Lebenspartnerschaften

Nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes („Ehe für Alle“) können Lebenspartnerschaften in Ehen umgewandelt werden. Das FG Hamburg hat entschieden, dass dann auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre eine Zusammenveranlagung verlangt werden kann. Das Eheöffnungsgesetz stellt demnach ein „rückwirkendes Ereignis“ dar, das eine Änderung bestandskräftiger Bescheide ermöglicht.

Mit Urteil vom 31.07.2018 hat das Finanzgericht Hamburg (FG) entschieden, dass Ehepartner, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre beantragen können.

Im betreffenden Fall wandelten die seit 2001 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Steuerpflichtigen nach dem Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes im November 2017 ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe um. Da die Zusammenveranlagung auch bei den Klägern zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten sie nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft rückwirkend die Zusammenveranlagung.

Das zuständige Finanzamt (FA) lehnte den Antrag bis in das Jahr 2012 als unbegründet ab, da die jeweiligen Einkommensteuerbescheide bereits bestandskräftig waren. Das daraufhin angerufene FG hingegen hob die Entscheidung des FA auf und gab der Klage statt.

Dazu führte das FG aus: Die Begründung einer Lebenspartnerschaft ist nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich. Somit sind Lebenspartner nach der Umwandlung in eine Ehe so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Zusammenveranlagung von Ehepartnern

Nach § 26 und § 26b EStG können Ehepaare zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wenn sie unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Durch Einführung des § 20a LPartG i.d.F. des Eheöffnungsgesetzes kann eine Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt werden. Wenn zwei Lebenspartner eine Ehe auf Lebenszeit schließen, so wird ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt.

Dabei wirkt für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner auch nach Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe weiterhin der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft fort. Dementsprechend haben die Lebenspartner also die gleichen Rechte und Pflichten, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Somit haben Ehegatten ein Antragswahlrecht zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer.

Rückwirkung des Eheöffnungsgesetzes ab 2001

Grundsätzlich kann ein Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nur erlassen, aufgehoben oder geändert werden, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (sog. rückwirkendes Ereignis).

Nach Ansicht des FG stellt das Eheöffnungsgesetz als außersteuerliches Gesetz ein solches rückwirkendes Ereignis dar, das dazu berechtigt, bereits bestandskräftige Einkommensteuerbescheide zu ändern. Hierbei unerheblich ist die Frage, ob ein rückwirkendes Ereignis überhaupt vorliegen kann, wenn es nur durch die Ausübung eines Wahlrechts eintreten kann. Denn nicht die Ausübung des Wahlrechts ist hier das rückwirkende Ereignis, sondern die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe.

Praxishinweis

Das FG hat mit diesem Urteil eine weitreichende und im Steuerecht eher selten vorkommende Entscheidung mit einer langen Rückwirkung getroffen. Da die Zusammenveranlagung in vielen Fällen günstig für die Steuerpflichtigen ist, sollten Lebenspartner, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, den weiteren Verfahrensgang beobachten und die Zusammenveranlagung beantragen. Dabei sollten sie beachten, dass die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 2017 beginnt, also die Verjährung zum 31.12.2021 eintritt.

FG Hamburg, Urt. v. 31.07.2018 - 1 K 92/18

Quelle: Steuerberater Dipl.-Volkswirt Volker Küpper