Wann sind Arbeitgeberzahlungen als Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit steuerfrei? Der BFH hat klargestellt, dass der hierfür maßgebende Grundlohn der laufende Arbeitslohn ist, der dem Arbeitnehmer in regelmäßiger Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzeitraum arbeitsvertraglich zusteht. Auf den tatsächlichen Lohnzufluss kommt es daher für die Bemessung der Steuerfreiheit nicht an.
Mit Urteil vom 10.08.2023 (VI R 11/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Höhe der nach § 3b Abs. 1 EStG als steuerfrei zu behandelnden Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit anhand des laufenden Arbeitslohns, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn regelmäßigen Arbeitszeit zufließt, zu bestimmen ist.
Der tatsächlich zufließende Arbeitslohn ist für die Bestimmung der Höhe der Steuerfreiheit nicht maßgeblich.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin zahlte ihren Arbeitnehmern in den Streitjahren steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.
Bei der Berechnung des für die Bemessung der steuerfreien Zuschläge maßgeblichen Grundlohns bezog sie von ihr entrichtete Beiträge an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse ein. Ein eigener Leistungsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber der Unterstützungskasse bestand nicht.
Das Finanzamt (FA) kam nach einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Beiträge der Klägerin an die Unterstützungskasse nicht zum Grundlohn i.S.d. § 3b Abs. 2 EStG gehörten. Als Grundlohn sei nur der tatsächlich zugeflossene Arbeitslohn zu qualifizieren.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage beim Finanzgericht (FG) blieb ohne Erfolg. Der BFH sah die Revision der Klägerin jedoch als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Bemessung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.
So darf der Zuschlag für Nacht- oder Sonntagsarbeit gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG den Grundlohn nicht mehr als 25 % bzw. 50 % übersteigen. Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht.
Für die Bemessung ist der Grundlohn auf einen Stundenlohn umzurechnen. Maximum ist jedoch ein Betrag von 50 €. Ein Grundlohn steht dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitgeber ihm diesen auf Basis einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung für seine regelmäßige Arbeitszeit schuldet.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Der BFH kam im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung der zulässigen Höhe der steuerfreien Zuschläge nach § 3b Abs. 1 EStG sich nach dem Arbeitslohn richtet, der nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geschuldet wird.
In welcher Höhe der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 3b Abs. 2 EStG nicht maßgeblich. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift würde nach Auffassung des BFH dieser Behandlung nicht widersprechen.
Der Arbeitgeber könne so von Beginn des Arbeitsverhältnisses an direkt erkennen, in welcher Höhe die steuerfreien Zuschläge geleistet werden können. Es muss nicht erst auf die Höhe des tatsächlich zugeflossenen Arbeitslohns gewartet werden.
Praxishinweis
Die zulässige Höhe der nach § 3b Abs. 1 EStG ermittelten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ist auch Gegenstand eines weiteren Verfahrens (VI R 1/22) beim BFH.
Das FG Niedersachsen hatte in dem Vorverfahren entschieden, dass die gesamte Dauer des abgeleisteten Bereitschaftsdiensts als tatsächlich geleistete Arbeit zu werten ist, auch wenn der Bereitschaftsdienst nicht vollständig als Arbeitszeit gewertet wird.
Der pro Arbeitsstunde angefallene Grundlohn ist somit aus Sicht des FG nach der tatsächlich vereinbarten Arbeitszeit und nicht nach dem geringeren Stundenlohn unter Einbezug der Zeiten für Bereitschaftsdienste zu bemessen. Man darf gespannt sein, ob sich der BFH der Auffassung des FG anschließt oder die Revision des FA für begründet erachtet.
BFH, Urt. v. 10.08.2023 - VI R 11/21