Welche Folgen hat es, wenn Mieter Genossenschaftsanteile an der Wohnungsgesellschaft erwerben, die ihre Wohnung vermietet? Der BFH hat klargestellt, dass eine Absenkung der Miete, die sich aus dem Anteilserwerb ergibt, einen geldwerten Vorteil darstellt und zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führt. Das Gericht nahm an, dass die Nutzungsentgeltminderung an die Stelle einer Gewinnausschüttung tritt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 22.10.2024 (VIII R 23/21) die Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Vorteilen eines Genossen sowie zu den Rechtsfolgen einer verbindlichen Auskunft weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Eheleute K sind Mieter einer Wohnung der A-Genossenschaft sowie Mitglieder dieser Genossenschaft.
Die A-Genossenschaft ließ sich vom Finanzamt (FA) in Form einer verbindlichen Auskunft bestätigen, dass es sich bei der Vereinbarung von geminderten Nettosollmieten für Mitglieder, die weitere freiwillige Genossenschaftsanteile zeichnen, welche weder an Gewinnausschüttungen teilhaben noch verzinst werden, um einen steuerlich unbeachtlichen Vorteilsausgleich handelt.
Das FA wies auch darauf hin, dass die verbindliche Auskunft aus verfahrensrechtlichen Gründen nur für die A-Genossenschaft selbst, nicht aber für deren Mitglieder Bindungswirkung entfalte.
Daraufhin erwarben die Eheleute K weitere freiwillige Genossenschaftsanteile ohne Dividendenberechtigung. Im Gegenzug wurde die zu zahlende Wohnungsmiete in Anlehnung an die jährlichen Dividenden an die Genossen herabgesetzt.
Mit dem FA entstand daraufhin Streit, ob die K die Mietminderung zu versteuern haben. Das Finanzgericht wies die Klage der K ab. Auch der BFH teilte diese Ansicht.
Begründung im Besprechungsfall
Die Eheleute K haben durch den Erwerb zusätzlicher Genossenschaftsanteile eine Minderung des Nutzungsentgelts für die Genossenschaftswohnung erhalten.
Dieser Vorteil war durch das Genossenschaftsverhältnis veranlasst, denn die Minderung des Nutzungsentgelts trat bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle einer Gewinnausschüttung. Unerheblich ist, wie der Vorgang auf Ebene der Genossenschaft steuerlich behandelt worden ist.
Selbst wenn bei der Genossenschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung nach Maßgabe der verbindlichen FA-Auskunft nicht angesetzt worden sein sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der geldwerte Vorteil in Form der Nutzungsentgeltminderung auch auf Seiten des Genossenschaftsmitglieds nicht steuerbar sein muss.
Zudem könnten sich die Eheleute auch gar nicht auf die gegenüber der Genossenschaft erteilte verbindliche Auskunft berufen.
Denn eine verbindliche Auskunft gilt in persönlicher Hinsicht nur für den Antragsteller. Im Besprechungsfall hat ausschließlich die Genossenschaft die Erteilung der verbindlichen Auskunft beantragt.
Darauf hat das FA auch hingewiesen. Daher konnte bei den Eheleuten kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen, dass das für sie zuständige FA die Nutzungsentgeltminderung nicht als Kapitalertrag besteuern würde.
Praxishinweis
Der BFH hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass eine an Stelle einer Gewinnausschüttung gewährte Sachleistung (hier: Nutzungsüberlassung von Wohnraum zu vermindertem Entgelt) zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.
Ferner hat der BFH bekräftigt, dass eine verbindliche Auskunft in persönlicher Hinsicht grundsätzlich nur für den Antragsteller gilt.
BFH, Urt. v. 22.10.2024 - VIII R 23/21