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Pauschalbesteuerung: Wahlrecht bei Mitarbeitern und Dritten

Kann das Wahlrecht zur Pauschalisierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nur einheitlich ausgeübt werden? Der BFH hat entschieden, dass die Pauschalierungswahlrechte nach § 37b EStG zwar unabhängig voneinander ausgeübt, aber jeweils nur einheitlich für die Sachzuwendungen an eigene Mitarbeiter oder Nichtarbeitnehmer wahrgenommen werden können. Ein Widerruf der Wahl ist prinzipiell möglich.

Der BFH hat mit Urteil vom 15.06.2016 entschieden, dass die Pauschalierungswahlrechte nach § 37b Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 EStG unabhängig voneinander ausgeübt werden. Das bedeutet, dass für sämtliche Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer sowie sämtliche Sachzuwendungen an Arbeitnehmer ein eigenständiges Wahlrecht besteht. Die Zuwendungen werden mit einem Pauschsteuersatz i.H.v. 30 % versteuert.

Im aktuellen Fall wandte eine GmbH Nichtarbeitnehmern Wein- und Blumenpräsente zu und wählte in der dazugehörigen Lohnsteuer-Anmeldung die pauschale Versteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG. Eine Unterrichtung der Zuwendungsempfänger über die Steuerübernahme durch die GmbH erfolgte jedoch nicht. Bei einer Außenprüfung stellte das zuständige Finanzamt – zusätzlich zu den bislang versteuerten Geschenken – weitere Blumen- und Weinpräsente sowie Aufwendungen für VIP-Karten für Arbeitnehmer im eigenbetrieblichen Interesse fest.

Dementsprechend forderte das Finanzamt eine erhöhte pauschale Lohnsteuer gem. § 37b EStG. Dabei differenzierte das Finanzamt jedoch nicht zwischen den Aufwendungen für Nichtarbeitnehmer nach § 37b Abs. 1 EStG und denen für Arbeitnehmer nach § 37b Abs. 2 EStG.

Nach erfolglosem Einspruch und erfolgreicher Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen (FG) begehrte das Finanzamt im Revisionsverfahren vor dem BFH, das Urteil des FG aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurückzuverweisen. Der BFH gab dem Finanzamt Recht. Der BFH bestätigte dabei, dass das Wahlrecht nach § 37b EStG widerruflich ist. Jedoch sei ein Widerruf noch nicht wirksam seitens der GmbH ausgeübt worden.

Zwei eigenständige Pauschalierungskreise bei § 37b Abs. 1 und Abs. 2 EStG

Laut BFH haben Steuerpflichtige nach § 37b EStG das Wahlrecht, alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Sachzuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, sowie Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG mit einem pauschalen Steuersatz von 30 % zu versteuern. Dieses Wahlrecht gilt gleichermaßen für zuzüglich zum vereinbarten Arbeitslohn betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer. Durch diese Pauschalierungen übernimmt der Steuerpflichtige die grundsätzlich beim Zuwendungsempfänger entstehende Einkommensteuer, so dass die Sachzuwendungen beim Zuwendungsempfänger außer Ansatz bleiben.

Die Pauschalierungswahlrechte gem. § 37b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG können – nach herrschender Auffassung in der Finanzverwaltung und Literatur – auch unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Pauschalierungskreise für Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer und Sachzuwendungen an Arbeitnehmer. Die Pauschalierung kann ohne Antrag durch die abzugebende Lohnsteuer-Anmeldung nach § 37b Abs. 4 EStG erfolgen.

Wahlrecht nach § 37b EStG kann widerrufen werden

Da § 37b EStG nicht ausdrücklich den Widerruf des Wahlrechts regelt, greifen die allgemeinen Regelungen über die Ausübung eines Widerrufs. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können Wahlrechte so lange anderweitig ausgeübt werden, wie der entsprechende Steuerbescheid – im vorliegenden Fall also die Lohnsteuer-Anmeldung – nicht formell und materiell bestandskräftig sowie die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist.

Zwar war nach der Gesetzesbegründung des § 37b EStG kein Widerruf für das Pauschalierungswahlrecht vorgesehen. Der Gesetzgeber hat es jedoch versäumt, dies auch im Gesetzeswortlaut abzubilden. Nach der Entscheidung des BFH kann der Wille des Gesetzgebers nur insoweit berücksichtigt werden, wie er auch Niederschlag im Gesetzestext gefunden hat. Insofern ist das in der Gesetzesbegründung geäußerte Vorhaben, durch § 37b EStG keine Widerrufsmöglichkeit des Pauschalierungswahlrechts einzuräumen, hier nicht geeignet, eine andere Auslegung zu rechtfertigen.

Der BFH hat den Fall an das FG zurückverwiesen und diesem aufgetragen festzustellen, in welcher Höhe die GmbH bislang nicht pauschal versteuerte Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer nach § 37b Abs. 1 EStG im relevanten Zeitraum geleistet hat. Die GmbH hat hierbei ihr Wahlrecht hinsichtlich der Pauschalversteuerung ausgeübt und bislang nicht widerrufen. Bezüglich der Sachzuwendungen an Arbeitnehmer hat die GmbH ihr Wahlrecht zur Pauschalversteuerung nicht ausgeübt. Es kommt folglich nicht zu einer Pauschalversteuerung i.S.v. § 37b Abs. 2 EStG.

Praxishinweis

Der BFH hat entschieden, dass die Pauschalierungswahlrechte gem. § 37b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Es handelt sich also um jeweils eigene Pauschalierungskreise. Das Wahlrecht kann jedoch für sämtliche Sachzuwendungen in einem Wirtschaftsjahr an Nichtarbeitnehmer bzw. Arbeitnehmer nur einheitlich ausgeübt werden. Zu beachten ist der Hinweis des BFH, dass das Wahlrecht so lange widerrufen werden kann, bis der Steuerbescheid bestandskräftig und die Festsetzung verjährt ist. Gerade in der Praxis könnte eine abschließende Beurteilung zum Ende des Wirtschaftsjahres teilweise schwer fallen. Somit hat der Steuerpflichtige noch bis zur Bestandskraft Zeit, seine Entscheidung zu überdenken.

BFH, Urt. v. 15.06.2016 - VI R 54/15

Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper