Der BFH hat die Grundsätze zur pauschalisierten Lohnsteuer bei betrieblichen Sachzuwendungen präzisiert. Die Zuwendung muss betrieblich veranlasst sein und zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Es reicht dabei nicht, dass die Zuwendung zur Leistung eines Dritten hinzutritt. Im Streitfall ging es um das Bonussystem eines Händlers.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wann eine Zuwendung nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG pauschal der Lohnsteuer unterworfen werden muss.
Ein Großhändler für Fotokameras, Objektive und Blitzgeräte führte in mehreren Aktionszeiträumen ein Verkaufsförderungsprogramm „Bonussystem für Verkaufsprofis“ durch. Teilnahmeberechtigt waren selbständige Fachverkäufer im Einzelhandel sowie deren Arbeitnehmer. Jeder Fachverkäufer konnte durch den Verkauf bestimmter Produkte des Großhändlers an Endverbraucher sogenannte Bonuspunkte sammeln. Diese konnten bei der A-GmbH eingelöst und dafür aus einem Prämienkatalog verschiedene Sachprämien sowie Gutscheine kostenfrei bestellt werden.
Hiervon machten überwiegend angestellte Fachverkäufer Gebrauch. Die Sachprämien und Gutscheine stellte die A-GmbH dem Großhändler in Rechnung. In den Lohnsteueranmeldungen unterwarf der Großhändler die ihm von der A-GmbH in Rechnung gestellten Prämien einer pauschalen Lohnbesteuerung mit 30 %.
Nach einer Lohnsteuerprüfung kam es zum Streit mit dem Finanzamt darüber, ob die Besteuerung der Zuwendungen aus dem „Bonusprogramm“ nach § 37b EStG vorzunehmen ist. Das Finanzgericht folgte dem nicht und ließ die Revision zu. Der BFH gab dem Großhändler Recht.
Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 37b EStG
Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendungen, sondern beschränkt sich auf Zuwendungen, die bei deren Empfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen.
Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen-)Steuertatbestand. Vielmehr gibt diese Vorschrift lediglich ein Wahlrecht zu einer besonderen pauschalierenden Erhebungsform der Einkommensteuer.
Weiter setzt § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG ausdrücklich die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert darüber hinaus, dass sie zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden.
Diese Voraussetzungen schränken den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter ein. Der Tatbestand erstreckt sich insoweit nicht auf sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen. Erfasst werden hingegen nur solche Zuwendungen, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch zwischen Steuerpflichtigem und Zuwendungsempfänger hinzutreten, in dem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind.
Dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger (z.B. einen Kunden des Steuerpflichtigen) hinzutritt, reicht deshalb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen dem (steuerpflichtigen) Zuwendenden und dem Leistungsempfänger eine Leistung oder Gegenleistung (Grundgeschäft) vereinbart ist und die Zuwendung zusätzlich, d.h. freiwillig, zur geschuldeten Leistung oder Gegenleistung hinzukommt.
Fehlende Leistung zur ohnehin geschuldeten Gegenleistung
Die an die selbständigen Fachverkäufer und deren Angestellte ausgereichten Prämien des Großhändlers sind durch deren aufgelegten Verkaufsförderprogramme und damit durch ihren Betrieb veranlasst. Insoweit handelt es sich um „betrieblich veranlasste Zuwendungen“.
Zudem führen die vereinnahmten Prämien sowohl bei den selbständigen Fachverkäufern (Betriebsinhabern) als auch bei deren Angestellten zu steuerpflichtigen Einkünften. Allerdings rechtfertigt allein der Umstand, dass die betrieblichen Zuwendungen zu steuerpflichtigen Einkünften führen, die Anwendbarkeit des § 37b Abs. 1 EStG noch nicht.
Vielmehr müssen diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Daran fehlt es vorliegend jedoch. Denn sowohl der selbständige als auch der nicht selbständige Fachverkäufer erhielt die Prämie vom Großhändler nicht zusätzlich zu einer ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung.
Die Prämie war vielmehr das ausgelobte Entgelt für die Veräußerung bestimmter Produkte des Großhändlers. Der Großhändler hat die Prämien nicht zusätzlich zu einer ohnehin vereinbarten Leistung gewährt. Sie sind nicht zu einem Grundgeschäft zwischen dem Großhändler und den angestellten Fachverkäufern hinzugetreten, sondern stellen die allein geschuldete Leistung für den erbrachten Verkaufserfolg dar.
Auch gegenüber den selbständigen Betriebsinhabern wurden die Prämien nicht „zusätzlich zur ohnehin geschuldeten Leistung oder Gegenleistung“ erbracht. Der Großhändler belieferte diese zwar mit Waren. Die Prämien wurden jedoch nicht als Draufgabe für die Abnahme der Waren, sondern unabhängig von deren Bezug wie bei den angestellten Verkäufern für einen bestimmten personenbezogenen Verkaufserfolg gewährt. Folglich sind die Voraussetzungen des § 37b EStG nicht gegeben, so dass damit keine Lohnsteuer geschuldet wurde.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung die Voraussetzungen des § 37b EStG weiter konkretisiert: Er hat klargestellt, dass § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG neben der betrieblichen Veranlassung der Zuwendungen auch verlangt, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Für dieses Zusätzlichkeitserfordernis reicht es deshalb nicht aus, dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger hinzutritt. Jeder Unternehmer bzw. dessen Steuerberater sollte bei künftigen Zuwendungen überprüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen.
BFH, Urt. v. 21.02.2018 - VI R 25/16
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht