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Einkommensteuer -

Verbilligter Erwerb von Geschäftsanteilen als Arbeitslohn

Wann wird bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen an Arbeitnehmer Lohnsteuer fällig? Der BFH hat entschieden, dass der verbilligte Erwerb von GmbH-Anteilen durch einen leitenden Mitarbeiter auch dann zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt, wenn nicht der Arbeitgeber, sondern ein Gesellschafter die Beteiligung veräußert. Wann ein verbilligter Erwerb vorliegt, kann ein Wertgutachten klären.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.03.2018 entschieden, dass auch der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch einen leitenden Arbeitnehmer zu Arbeitslohn führen kann, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers die Beteiligung veräußert.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehört auch der Vorteil aus dem verbilligten Erwerb einer Beteiligung, wenn dem Arbeitnehmer der Vorteil für seine Arbeitsleistung gewährt wird. Die Zuwendung eines Dritten ist anzunehmen, wenn diese als Entgelt für eine Leistung angesehen werden kann, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder zukünftig erbringen soll.

Im aktuellen Fall war ein Ehepaar an einer X-GmbH zusammen mit einer weiteren Y-GmbH beteiligt. Die Y-GmbH veräußerte u.a. einen zuvor erworbenen Anteil an einen der Ehegatten, nachdem dieser zum Geschäftsführer der X-GmbH bestellt worden war.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung erließ das zuständige Finanzamt (FA) geänderte Einkommensteuerbescheide, da es festgestellt hatte, dass der gezahlte Kaufpreis für die von ihm erworbene Beteiligung an der X-GmbH nicht dem tatsächlichen Wert der Beteiligung entsprach. Das FA bewertete die Differenz vor dem Hintergrund, dass der Veräußerer Hauptgesellschafter der X-GmbH war, als Arbeitslohn.

Nach teilweise erfolgreichem Einspruch, bei dem der Steuerpflichtige ein erstelltes Wertgutachten vorlegte, wurde der Wert der Beteiligung teilweise herabgesetzt. Nach erfolgloser Klage vor dem Finanzgericht Münster (FG) gab der BFH der Klage statt und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurück.

Verbilligte Überlassung von Geschäftsanteilen

Grundsätzlich stellt die verbilligte Überlassung von Geschäftsanteilen an einer GmbH dem Grunde nach Arbeitslohn dar. Der als Arbeitslohn zu erfassende geldwerte Vorteil besteht jedoch nicht in der übertragenen Beteiligung selbst, sondern in der Verbilligung, also dem Preisnachlass. Bei Verkäufen an Arbeitnehmer gilt dabei die Regelvermutung, dass die Verträge zumindest teilweise durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind.

Die Bewertung des geldwerten Vorteils erfolgt anhand des gemeinen Werts einer Beteiligung. Bei einer GmbH-Beteiligung ist dieser in erster Linie aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Falls dies nicht möglich ist, kann dieser unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft geschätzt werden. Die Ermittlung des gemeinen Werts aufgrund von Verkäufen hat Vorrang vor der Schätzung.

Eine Ableitung aus Verkäufen ist jedoch nicht möglich, wenn es sich bei den Verkäufen nicht um echte Verkäufe unter fremden Dritten, sondern um Verkäufe bzw. Käufe innerhalb eines bestimmten Personenkreises handelt, also z.B. unter nahestehenden Personen wie Ehegatten. Da sich der gemeine Wert der GmbH-Anteile somit nicht aus den zeitnahen Verkäufen ableiten lässt, ist dieser unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der GmbH nach dem Stuttgarter Verfahren zu schätzen.

Es ist jedoch dann von diesem Verfahren abzuweichen, wenn es in Ausnahmefällen zu nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt. Das Stuttgarter Verfahren geht davon aus, dass der Betrieb in wirtschaftlich identischem Umfang weitergeführt wird.

Da es sich bei der X-GmbH um ein stark wachsendes und expandierendes Unternehmen handelte, war aufgrund der besonderen einzelfallbezogenen Umstände eine Schätzung anhand des Stuttgarter Verfahrens nicht möglich, da zukünftig ein erheblich höherer Ertrag erwartet werden konnte. Dementsprechend schied in diesem Fall ein Verfahren, das sich ausschließlich am Ertrag orientiert, aus.

Praxishinweis

Bei einer Bewertung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen sind Prognosen für künftige Entwicklungen entscheidend. Bei mehreren anerkannten Bewertungsmethoden ist für die Überprüfung die Methode anzuwenden, die ein Erwerber des Geschäftsanteils der Bemessung des Kaufpreises zugrunde gelegt hätte. Steuerpflichtige sollten beachten, dass eine Ableitung aus Verkäufen bei Erwerben von leitenden Angestellten regelmäßig nicht in Betracht kommt. Steuerpflichtige sollten daher stets ein Wertgutachten einholen, um einem Streit mit dem FA vorzubeugen.

BFH, Urt. v. 15.03.2018 - VI R 8/16

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper