Welche Steuerregeln gelten bei der familiären Unternehmensnachfolge? Der BFH hat entschieden, dass die Schenkung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch nicht zur steuerbegünstigten Betriebsaufgabe führt, wenn die gewerbliche Verpachtung fortgeführt wird. Es liegt dann eine Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter vor. Im Fall ging es um ein verpachtetes Hotelgrundstück.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 08.08.2024 (IV R 1/20) die Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung der Betriebsübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch bestätigt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
V, der Vater von K und B, verpachtete seinen früheren Hotelbetrieb. Das Hotelgrundstück übertrug er zunächst unter Vorbehaltsnießbrauch auf seine Kinder. Wenig später wurde der Vertrag dahingehend geändert, dass statt des Vorbehaltsnießbrauchs eine monatliche Rente als Gegenleistung für die Übertragung zu zahlen war.
Zwischen K und B bestand anschließend eine GbR, die die Verpachtung des Hotelbetriebs fortführte. Als K aus der GbR ausschied, entstand mit dem Finanzamt Streit darüber, ob die Buchwerte aus der Zeit der Geschäftstätigkeit des V fortgeführt werden konnten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der BFH sah die Revision jedoch als begründet an und verwies die Sache zur weiteren Bescheidung an das FG zurück.
Entscheidung im Besprechungsfall
Grundsätzlich kann zwar auch ein verpachteter (ruhender) und noch nicht aufgegebener Betrieb Übertragungsgegenstand einer unentgeltlichen Betriebsübertragung mit Buchwertfortführung sein, bei einer Übertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist dies allerdings nicht der Fall.
Denn beim Übertragenden (Vorbehaltsnießbraucher) liegt lediglich eine Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter vor, die mit dem Teilwert zu bewerten ist. Für die Annahme einer Betriebsaufgabe muss jedoch die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit erfolgen, die hier aber gerade aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs fehlt.
Erlischt zu einem späteren Zeitpunkt der Nießbrauch infolge eines unentgeltlichen Vorgangs (z.B. durch den Tod des Vorbehaltsnießbrauchers), so werden die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter zwingend notwendiges Betriebsvermögen. Die Bewertung erfolgt dann zum Teilwert.
Aus diesen Gründen ist es für den BFH entscheidungserheblich, ob die zunächst erfolgten Übertragungsvorgänge unentgeltlich erfolgt sind. Diese Frage konnte er allerdings aufgrund der bisher vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beantworten.
Nach Ansicht des BFH haben die Beteiligten zivilrechtlich keine Betriebsübertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs, sondern eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vereinbart. Dies ist im zweiten Rechtsgang zu klären.
Dazu weist der BFH darauf hin, dass, falls die Vereinbarung der Versorgungsleistung ein Scheingeschäft sein sollte, während tatsächlich eine unentgeltliche Betriebsübertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs gewollt war, von dem vereinbarten Nießbrauch auszugehen ist. Sollte sich dies nicht aufklären lassen, würde dies zu Lasten von K und B ausgehen.
Praxishinweis
Der BFH hat mit seiner Entscheidung die bisherigen Grundsätze bestätigt: Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist etwas anderes als die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs.
Es liegt beim Übertragenden im Fall der Fortführung der gewerblichen Verpachtungstätigkeit keine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe vor, sondern eine Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter.
Beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers geht, vorbehaltlich einer zuvor von ihm abgegebenen Aufgabeerklärung, sein dann weiterhin bestehender gewerblicher Verpachtungsbetrieb unentgeltlich auf den Erwerber (Erben) über, und die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter werden mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt.
BFH, Urt. v. 08.08.2024 - IV R 1/20