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Körperschaftsteuer -

Kapitalerträge: Nacherhebung bei offener Gewinnausschüttung

Was sind die Folgen, wenn eine GmbH eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage beschließt, die nicht bescheinigt wird? Wann liegen steuerpflichtige Kapitalerträge vor, wenn die Fiktion der Bescheinigung nach § 27 KStG greift? Nach dem BFH wird dann für eine offene Gewinnausschüttung der Umstand überlagert, dass kein ausschüttbarer Gewinn verwendet wird. Entscheidend ist der Zufluss der Ausschüttung.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 17.05.2022 (VIII R 14/18) seine Grundsätze zur Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bei offenen Gewinnausschüttungen fortentwickelt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Gesellschafterversammlung der K-GmbH beschloss eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage. Die GmbH zahlte diesen Betrag an die Gesellschafterin A aus. Ein ausschüttbarer Gewinn der Gesellschaft war nicht vorhanden. 

Für die Ausschüttung wurde seitens der GmbH wegen der für sie vorliegenden Einlagenrückgewähr weder Kapitalertragsteuer noch Solidaritätszuschlag einbehalten und abgeführt. Die GmbH reichte auch keine Kapitalertragsteueranmeldung für die Ausschüttung ein. 

Zwar ergab sich aus den mit der Feststellungserklärung zum Einlagekonto beim Finanzamt (FA) eingereichten Unterlagen, dass eine Ausschüttung der GmbH an A erfolgt sein musste. Die eingereichten Erklärungen enthielten aber keine Hinweise auf die Ausschüttung.

Die Bescheide ergingen ohne Berücksichtigung einer Ausschüttung, eine Bescheinigung über die Ausschüttung hatte die GmbH der A ebenfalls nicht ausgestellt. 

Das FA erließ einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer. Einspruch und Klage der GmbH hiergegen blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.

Entscheidung im Besprechungsfall

Die fragliche Ausschüttung stellt für den BFH keine Einlagenrückgewähr dar. Die Verwendungsrechnung, welche sich aus der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für die Leistungen der Körperschaft ergibt, ist auch auf Ebene der Gesellschafter zu beachten. 

Die materiell-rechtliche Bindung des Gesellschafters an die gesonderte Feststellung bewirkt, dass er sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, das Einlagekonto sei im Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen. 

In diesem Bescheid wurde lediglich keine Verwendung des Einlagekontos für die Ausschüttung festgestellt. Mangels Einlagenrückgewähr stellt die Ausschüttung an die A somit einen steuerpflichtigen Kapitalertrag dar.

Wegen der nicht erteilten Bescheinigung galt die Einlagenrückgewähr für die Ausschüttung an A durch den gesonderten Feststellungsbescheid zum Einlagekonto i.H.v. 0 € als bescheinigt. Aufgrund dieser Fiktion wurde das Einlagekonto zutreffend ohne eine Minderung in unveränderter Höhe festgestellt. 

Damit ist der steuerpflichtige Kapitalertrag nicht erst durch den gesonderten Feststellungsbescheid zum Einlagekonto, sondern bereits im Zeitpunkt der Ausschüttung vorhanden. 

Die Zahlung war unstreitig erfolgt, so dass mit dem Zufluss der Ausschüttung die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag für die Ausschüttung an A und damit auch die Pflichten, die Steuer einzubehalten, sie anzumelden und abzuführen, entstanden.

Das FA konnte daher die GmbH für die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag auf die Ausschüttung an A im Wege des Nacherhebungsbescheids in Anspruch nehmen. Die GmbH kann sich auch nicht damit exkulpieren, dass sie ihre Anmeldepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hätte. 

Der BFH sieht ein Verschulden vielmehr darin, dass die Organe der GmbH bei Abgabe der Feststellungserklärung zum Einlagekonto nicht überprüft haben, ob wegen einer Einlagenrückgewähr kein anmeldepflichtiger Kapitalertrag vorlag.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine bisherigen Grundsätze konkretisiert: Wird für eine offene Gewinnausschüttung gem. § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG eine bescheinigte Einlagenrückgewähr i.H.v. 0 € fingiert, überlagert die Fiktion bereits im Ausschüttungszeitpunkt den Umstand, dass nach der Verwendungsrechnung des § 27 Abs. 1 Satz 3–5 KStG kein ausschüttbarer Gewinn verwendet wird. 

Greift die Fiktion, entstehen die Kapitalertragsteuer und die damit verbundenen kapitalertragsteuerlichen Pflichten der Kapitalgesellschaft nicht erst mit der Bekanntgabe des gesonderten Feststellungsbescheids für das Einlagekonto als das die Fiktion auslösende Ereignis, sondern mit dem Zufluss der Ausschüttung.

BFH, Urt. v. 17.05.2022 - VIII R 14/18

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