Entfällt die Steuerschuldnerschaft eines Bauträgers unabhängig davon, ob er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an den Bauleistenden erstattet? Das Finanzgericht Münster hat dies bejaht. Demnach kann § 17 UStG keine Umsatzsteuerschulden begründen, sondern nur berichtigen. Eine analoge Anwendung der Regelung scheidet nach dem Gericht in diesen Fällen aus. Der BFH sieht das bislang anders.
Mit Urteil vom 31.01.2017 hat das Finanzgericht Münster (FG) entschieden, dass die Steuerschuldnerschaft eines Bauträgers unabhängig davon entfällt, ob der Bauträger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an den Bauleistenden erstattet.
Sachlage im Streitfall
Im betreffenden Fall war die klagende Gesellschaft als Bauträgerin tätig. Alleiniger Zweck der Gesellschaft war es, auf einem Grundstück an einer genau bestimmten Stelle Eigentumswohnungen und dazugehörige Garagen zu errichten und diese anschließend zu veräußern. Dazu bezog sie von im Inland ansässigen Unternehmen Bauleistungen für die Errichtung der Wohnungen und Garagen.
In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung meldete die Bauträgerin für die von ihr bezogenen Bauleistungen gem. § 13b UStG von ihr geschuldete Umsatzsteuer an. Dies revidierte sie in der dazugehörigen Umsatzsteuerjahreserklärung mit Verweis auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.08.2013 - V R 37/10 und erklärte eine Umsatzsteuer i.H.v. 0 €.
Das Finanzamt folgte dieser Jahreserklärung nicht und begründete dies nach Einspruch der Bauträgerin im Wesentlichen mit den nicht beigebrachten Nachweisen für das Entfallen der Umsatzsteuerschuld. Darüber hinaus führte das Finanzamt in seiner Gegenäußerung zur daraufhin von der Bauträgerin erhobenen Klage aus, dass § 17 UStG der begehrten Änderung entgegenstehe und die Erstattung des Umsatzsteuerbetrags an die Vertragspartner erforderlich sei. Das FG gab nun der Klage der Bauträgerin statt.
Grundsätzlich Steuerschuldnerschaft beim Leistungsempfänger
In den in § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbringt – also Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen.
Nach Rechtsprechung des BFH kommt das Reverse-Charge-Verfahren jedoch dann nicht zur Anwendung und es schuldet nicht der Bauträger, sondern der Bauleistende die Umsatzsteuer, wenn der Bauträger die bezogenen Leistungen nicht seinerseits zur Erbringung von Bauleistungen verwendet.
FG-Urteil widerspricht BFH
Das FG erklärt in seinem Urteil, dass es dabei nicht darauf ankommt, ob der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer bezahlt hat. Denn § 17 UStG kann keine Umsatzsteuerschulden begründen, sondern nur begründete Umsatzsteuerschulden berichtigen. Dementsprechend kann § 17 UStG hier gar nicht zur Anwendung gelangen, da die Bauträgerin nicht bereits von Anfang an Umsatzsteuerschuldnerin ist. Eine analoge Anwendung zu Lasten der Klägerin kommt laut FG ebenfalls nicht in Betracht.
Der BFH hat es jedoch bislang für möglich gehalten, dass die angenommene Steuerschuld beim Bauträger in analoger Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG erst aufgrund einer Zahlung des Steuerbetrags an den Bauunternehmer entfällt. Sonst könnten sowohl die Umsatzsteuerzahlung durch den Bauträger als auch die Umsatzsteuererstattung an den Bauleistenden entfallen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage hat das FG die Revision zum BFH zugelassen.
Praxishinweis
Das FG Münster hat in diesem Urteil der Ansicht des BFH widersprochen. Steuerpflichtige sollten daher in allen offenen Fällen bei Ablehnung eines Einspruchs das Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 AO beantragen, bis der BFH Stellung genommen hat.
FG Münster, Urt. v. 31.01.2017 - 15 K 3998/15 U
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper