Woraus ergibt sich der Sitz eines Unternehmers? Der BFH hatte auf Vorgaben des EuGH zwar für die Frage des Vorsteuerabzugs entschieden, dass die Anschrift des Leistenden in einer Rechnung „vollständig“ ist und zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn der Unternehmer hierüber nur postalisch erreichbar ist. Das hat nach dem BFH aber keine Bedeutung für die Frage, wo eine Person ihr Unternehmen betreibt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob seine jüngste Rechtsprechung zur Rechnungsanschrift bezüglich des Vorsteuerabzugs Auswirkungen darauf hat, wo der Ort des Unternehmens eines Unternehmers ist.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin wollte in einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) klären lassen, ob die neue Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des BFH zu den für einen Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsangaben entsprechend auf den Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG („Sitz des leistenden Unternehmers“) anwendbar ist.
Voraussetzungen an den Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt
Allerdings hatte die Klägerin nach Ansicht des BFH nicht die formellen Voraussetzungen einer NZB erfüllt. Zudem betrachtete der BFH diese Frage nicht als klärungsbedürftig. Denn die Antwort ergibt sich nunmehr aus den einschlägigen Rechtsvorschriften und davor aus der Rechtsprechung des EuGH.
Die Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung im Hinblick auf die Angabe der Adresse des Leistenden soll keinen Einfluss auf die Frage haben, von wo aus eine steuerpflichtige Person ihr Unternehmen betreibt.
§ 3a Abs. 1 UStG regelt, dass eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (Sitz des Unternehmens). Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt danach der Ort, an dem dieser den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.
Während nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und den Folgeurteilen des BFH für den Vorsteuerabzug jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift ausreicht, gilt dies für die Begründung des Unternehmenssitzes nicht:
Seit 2011 ist ausdrücklich in Art. 10 Abs. 3 MwStVO geregelt, dass allein aus dem Vorliegen einer Postanschrift nicht auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens geschlossen werden kann. Zuvor ergab sich dies zudem schon aus der Rechtsprechung des EuGH.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH beinhaltet zum einen, dass die Anforderungen an eine NZB sehr hoch sind, und zum anderen, dass eine bloße Rechnungsanschrift nicht ausreicht, um den Ort des Unternehmens an dieser Anschrift zu begründen. Diese Klarstellung schafft Rechtssicherheit, war aber aufgrund der bisherigen Entscheidungen des EuGH und der Regelung in Art. 10 Abs. 3 MwStVO bereits geklärt.
BFH, Beschluss v. 07.02.2019 - V B 68/18
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht