Wann liegt eine ordnungsgemäße Rechnung vor, die zum Vorsteuerabzug berechtigt? Das BMF hat auf die jüngste Rechtsprechung von EuGH und BFH reagiert und die Vorgaben für die Finanzverwaltung geändert. Demnach ist es nicht mehr erforderlich, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Rechnungsadresse auch ausgeübt wird - eine postalische Erreichbarkeit reicht aus.
Mit Schreiben vom 07.12.2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Voraussetzungen für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) angepasst.
Diese hatten entschieden, dass es für den Vorsteuerabzug ausreichend ist, wenn der leistende Unternehmer unter der von ihm angegebenen Adresse bloß erreichbar ist. Damit setzt die Finanzverwaltung die Rechtsprechung von EuGH und BFH um und ändert den entsprechenden Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE).
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
Grundsätzlich kann ein Unternehmer Vorsteuerbeträge aus Rechnungen geltend machen, wenn er von einem anderen Unternehmer eine Leistung für Zwecke seines Unternehmens bezieht. Der Vorsteuerabzug setzt jedoch voraus, dass der Unternehmer eine ordnungsgemäße Rechnung nach §§ 14, 14a UStG besitzt.
Demnach sind für eine ordnungsgemäße Rechnung der vollständige Name und die vollständige Anschrift von dem leistenden Unternehmer und vom Leistungsempfänger erforderlich.
Postalische Erreichbarkeit als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH wurde das Merkmal „vollständige Anschrift“ in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur durch die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltete. Die Angabe eines „Briefkastensitzes“ mit nur postalischer Erreichbarkeit reichte danach als zutreffende Anschrift nicht aus. Denn dort fand im Zeitpunkt der Rechnungsstellung keinerlei geschäftliche Aktivität statt.
Nun ist es allerdings nicht mehr erforderlich, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift ausgeübt wird. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift auch tatsächlich erreichbar ist.
Änderung des Anwendungserlasses
In diesem Zusammenhang hat das BMF nun den Anwendungserlass dahingehend geändert, dass jede Art von Anschrift, sofern der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger unter dieser Anschrift erreichbar ist, für den Vorsteuerabzug ausreichend ist.
Dabei ist es unerheblich, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr ist auch ein Postfach, eine Großkundenadresse oder eine c/o-Adresse ausreichend.
Praxishinweis
Mit der Anpassung des UStAE übernimmt das BMF die kürzlich ergangene Rechtsprechung von BFH und EuGH und akzeptiert für das Vorliegen einer vollständigen Anschrift und somit für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Angabe einer Briefkastenadresse. Mit dieser Umsetzung soll der Vorsteuerabzug für Steuerpflichtige in der Praxis erleichtert werden. Steuerpflichtige sollten jedoch beachten, dass die Finanzverwaltung auch c/o- und Postfachadressen anerkennt.
Für ordnungsgemäße Rechnungen kommt es damit nur noch darauf an, ob der leistende Unternehmer tatsächlich unter der angegebenen Anschrift postalisch erreichbar ist. Darüber hinaus gilt diese Änderung explizit auch für die Anschrift des Leistungsempfängers in der Rechnung. Die Änderung der Verwaltungsauffassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
BMF, Schreiben v. 07.12.2018 - III C 2 – S 7280 – a/07/10005 :003
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper