Der BFH hat seine Rechtsprechung zu den erforderlichen Adressangaben in Rechnungen weiter konkretisiert. Danach reicht es für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus, dass die Rechnung eine Anschrift des Leistenden enthält, unter der dieser postalisch erreichbar ist. Für die Beurteilung, ob insoweit eine vollständige Anschrift vorliegt, ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wann eine Rechnung die notwendige vollständige Anschrift enthält und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung beanstandete das Finanzamt (FA) u.a. den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen zweier Unternehmen wegen falscher Rechnungsangaben bzw. fehlender Unternehmereigenschaft.
Der Leistungsempfänger hatte vor Auftragsvergabe von beiden Unternehmern Bescheinigungen in Steuersachen, Gewerbeanmeldungen, Bescheinigungen über Umsatzsteuer-Identifikationsnummern etc. angefordert, um jeweils von einer Unternehmereigenschaft ausgehen zu können.
Alle Rechnungen wiesen Namen und Anschrift des leistenden Unternehmers, die Steuernummer, Rechnungsdatum und -nummer, den Umfang und Zeitpunkt der Leistungen sowie die Entgelte, Steuerbeträge und -sätze aus. Einspruch und Klage blieben erfolglos, während der BFH dies teilweise anders sah.
Anforderungen an die Anschrift in einer Rechnung nach § 14 UStG
Für den Vorsteuerabzug muss eine Rechnung u.a. die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten.
Allerdings setzt eine solche Rechnung nicht voraus, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, aus, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift tatsächlich erreichbar ist.
Allerdings lagen im vorliegenden Fall nach Ansicht des BFH keine ausreichenden Informationen für eine Entscheidung darüber vor, ob der Leistungsempfänger ein Recht zum Abzug der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der Unternehmer hatte. Denn es fehlten Feststellungen zur postalischen Erreichbarkeit im Zeitpunkt der Rechnungserstellung.
Das FA hatte daher zu ermitteln, ob die Rechnungsaussteller unter den angegebenen Adressen überhaupt erreichbar waren. Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung, da die Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, es den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren.
Diese Angaben dienen dazu, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller, herzustellen.
Diese Kontrollmöglichkeit besteht für das FA erst mit der Erstellung der Rechnung sowie deren Kenntnisnahme und nicht im Zeitpunkt der Leistungserbringung. Lässt sich eine Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht ermitteln, ist der Vorsteuerabzug zu versagen.
Sollten die Unternehmer in diesem Sinne erreichbar gewesen sein, reicht für den Vorsteuerabzug eine bloße Briefkastenanschrift aus.
Praxishinweis
Der BFH konkretisiert mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug weiter: Eine Briefkastenanschrift reicht aus, und zwar muss der Leistende im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung bei dieser Anschrift postalisch erreichbar sein. Diese neuen Grundsätze sollten alle Unternehmer beachten, sowohl diejenigen, die Leistungen empfangen, als auch die leistenden Unternehmer.
BFH, Urt. v. 05.12.2018 - XI R 22/14
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht