Wann ist die Übernahme von Umzugskosten durch Arbeitgeber umsatzsteuerpflichtig? Kann für Maklerprovisionen ein Vorsteuerabzug beansprucht werden? Tragen Arbeitgeber solche Kosten bei der Versetzung von Mitarbeitern, liegt nach einem BFH-Urteil weder ein tauschähnlicher Umsatz noch eine „Entnahme“ vor. Arbeitgeber sind aus den von ihnen beauftragten Maklerleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie die Übernahme von Umzugskosten durch einen Arbeitgeber für den Arbeitnehmer umsatzsteuerlich zu behandeln ist, wenn eine Versetzung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber vorliegt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende Gesellschaft (A) ist Mitglied eines internationalen Konzerns und erbringt Dienstleistungen an andere Gesellschaften des Konzerns. Eine der Aufgaben der A besteht darin, die Zusammenarbeit zwischen den Konzerngesellschaften zu verstärken. Zu diesem Zweck wurden Zuständigkeiten und Funktionen vom Hauptsitz und von anderen Standorten auf die A in das Inland verlagert.
Im Zuge dieser Funktionsverlagerung und der Aufnahme von gruppeninternen Dienstleistungserbringungen mussten erfahrene Mitarbeiter, welche zuvor am Hauptsitz und an anderen Standorten tätig waren, an den Standort der A versetzt werden. Notwendig war dies, damit diese Mitarbeiter ihre Tätigkeit weiter ausführen konnten.
Aus diesem Grund vereinbarten mehrere Konzerngesellschaften mit verschiedenen Mitarbeitern schriftlich, dass diese künftig für die A an deren Standort arbeiten und ein Teil der Umzugskosten übernommen wird. Insbesondere sollten die Mitarbeiter bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Haus unterstützt werden.
Dementsprechend zahlte A für Angestellte, welche von anderen Konzerngesellschaften zu ihr wechselten und an ihren Standort umzogen, Maklerprovisionen. Mit dem Finanzamt (FA) entstand Streit darüber, ob dies in der Kostenübernahme liege. Das FA setzte daher gegen A entsprechende Umsatzsteuerforderungen fest.
Hiergegen legte A erfolglos Einspruch ein, während die Klage zum Finanzgericht (FG) Erfolg hatte. Der BFH folgte dem FG.
Steuerbarkeit der Kostenübernahme
Die Steuerbarkeit der Kostenübernahme setzt einen gegenseitigen Leistungsaustausch voraus. Allerdings fehlt es nach Ansicht des BFH an einer Gegenleistung der Arbeitnehmer.
Denn der BFH folgt dem FG in dem Punkt, dass die Kostenübernahme Konzernangestellte veranlassen sollte, unter Inkaufnahme von erheblichen persönlichen Veränderungen, wie sie sich aus einem Familienumzug ergeben, Aufgaben bei der A an deren Standort zu übernehmen.
Damit sollen durch eine einmalige Vorteilsgewährung die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Arbeitsleistungen erbracht werden können, ohne dass diese Vorteilsgewährung als Gegenleistung für die spätere Arbeitsleistung anzusehen ist.
Ein wesentliches Argument für den BFH ist die Tatsache, dass die Höhe der übernommenen Umzugskosten keinen Einfluss auf die Höhe des Gehalts der betroffenen Mitarbeiter hat. Denn einmalige Leistungen sind anlässlich der Begründung eines Arbeitsverhältnisses anders zu behandeln als Dauerleistungen während des Arbeitsverhältnisses. Ein lediglich sachlicher Zusammenhang reicht für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes nicht aus.
Übernahme der Umzugskosten als Entnahme
Die unentgeltliche Erbringung wird einer anderen sonstigen Leistung durch Unternehmer einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt, wenn diese Leistungen für Zwecke erfolgen, welche außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf seines Personals gedacht sind, sofern es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt.
Aber Leistungen an Arbeitnehmer, welche aus der Sicht des Arbeitnehmers dessen privaten Zwecken dienen, wie z.B. die Beförderung von der Wohnung zum Arbeitsplatz und die Abgabe von Mahlzeiten, können auch nicht als Entnahme berücksichtigt werden.
Allerdings sind sie nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als untergeordnet erscheint. Im Besprechungsfall geht der BFH davon aus, dass der private Bedarf der Arbeitnehmer hinter dem unternehmerischen Interesse der A zurücktritt.
Erfahrene Mitarbeiter des Konzerns sind unabhängig von ihrem bisherigen Arbeits- und Wohnort für den Aufbau der A als neuen Konzerndienstleister zügig an deren Standort zu holen.
Berechtigung zum Vorsteuerabzug der A
A ist aufgrund ihres vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter welchem das Arbeitnehmerinteresse an der Begründung eines neuen Familienwohnorts zurücktritt und welches gerade eine Entnahmebesteuerung vermeidet, zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie ist daher entsprechend ihrer Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Umzugskosten, welche für einen Mitarbeiter übernommen werden, weiter konkretisiert. Überwiegt bei der Übernahme dieser Kosten das Interesse des Arbeitgebers, liegt keine umsatzsteuerliche Leistung des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer vor.
Gleichzeitig hat der Arbeitgeber aus Eingangsleistungen, welche im Zusammenhang mit den übernommenen Umzugskosten stehen, einen Vorsteuerabzug. Im Gegenzug dürfte von einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung auszugehen sein, wenn das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt. In diesem Fall dürfte wohl von einer unentgeltlichen Wertabgabe - ertragsteuerlich Entnahme - auszugehen sein.
Ob dann eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug seitens des Arbeitgebers besteht, ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden. Bei einmaligen Leistungen ist in diesem Fall ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Es bleibt damit abzuwarten, ob der BFH eine entsprechende Konstellation zur Entscheidung vorlegen wird.
BFH, Urt. v. 06.06.2019 - V R 18/18
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht