Ist ein Vorsteuerabzug möglich, wenn der Leistungsempfänger an kriminellen Handlungen seines Geschäftspartners nicht beteiligt war? Der BFH hat das für den Fall eines betrügerischen Umsatzsteuerkarussells geklärt. Demnach muss für einen Vorsteuerabzug die Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer gegeben sein. Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte griffen im Streitfall nicht.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.02.2019 entschieden, dass die nach seiner ständigen Rechtsprechung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entspricht.
Demnach soll die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers ermöglichen, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.
Sachlage im Streitfall
Ein Händler erzielte steuerpflichtige Umsätze durch den Vertrieb von Hard- und Software. In den zugehörigen Umsatzsteuererklärungen, denen das Finanzamt (FA) zustimmte, machte er Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb von Spielkonsolen von drei angeblichen Zulieferfirmen geltend.
Darüber hinaus begehrte er den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Computerzubehör und Spielkonsolen von zwei weiteren Zulieferfirmen. Die Geschäfte mit diesen Firmen wurden so abgewickelt, dass durch einen Dritten Angebote unterbreitet wurden und die Ware entweder direkt vom Lager des Dritten an die Abnehmer des Händlers geschickt wurde oder die Ware dort abgeholt wurde.
Das FA war der Ansicht, dass die beiden Firmen als sogenannte „missing trader“ (Nichtunternehmer) und der Händler als sogenannter „buffer“ (Zwischenhändler) in eine Umsatzsteuerbetrugskette im Zusammenhang mit der Lieferung von Elektronikartikeln eingebunden waren. Es änderte daher die Umsatzsteuerbescheide und versagte den Vorsteuerabzug aus den genannten Lieferungen.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) aber gab der Klage teilweise statt. Der Händler begehrte jedoch den Vorsteuerabzug aus sämtlichen in Frage stehenden Rechnungen und rief daher in Revision den BFH an, der allerdings das Urteil des FG bestätigte und die Klage als unbegründet zurückwies.
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
Grundsätzlich kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt wurden, als Vorsteuerbeträge abziehen. Dies setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14 und 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt, die insbesondere den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht und also Angaben über den leistenden Unternehmer enthält.
Konkret ist nach ständiger Rechtsprechung der Abzug der in einer Rechnung oder Gutschrift ausgewiesenen Umsatzsteuer grundsätzlich nur zulässig, wenn Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer identisch sind.
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH unterliegt das Recht auf Vorsteuerabzug der Einhaltung sowohl materieller als auch formeller Anforderungen und Bedingungen.
Erforderlich für den Vorsteuerabzug ist, dass der Steuerpflichtige die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für seine besteuerten Umsätze verwendet und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden.
Aus der unionsrechtlichen Auslegung folgt, dass die Finanzbehörden aufgrund der Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts kontrollieren können.
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, nach der die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.
Praxishinweis
Der BFH hat mit diesem Urteil bestätigt, dass stets der Leistungsempfänger das Risiko bei nicht ordnungsgemäßem bzw. kriminellem Verhalten seiner Geschäftspartner trägt. Auch konnte der Vorsteuerabzug nicht im Rahmen eines Billigkeitsverfahrens gewährt werden, da der Steuerpflichtige nicht den erforderlichen Vertrauensschutz besaß. Es waren alle Umstände bekannt, die dazu führten, dass nicht die Rechnungsaussteller, sondern ein Dritter die Lieferungen ausführte. Steuerpflichtige sollten ihre Geschäftspartner also stets genau überprüfen, damit es auch beim Ansatz der Vorsteuer nicht zu Komplikationen kommt.
BFH, Urt. v. 14.02.2019 - V R 47/16
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper