Wann mindern Zahlungen von Krankenversicherungen die abziehbaren Sonderausgaben? Das BMF folgt nun den Grundsätzen des BFH bei der steuerlichen Berücksichtigung von Zahlungen aus Bonusprogrammen der GKV. Demnach mindern solchen Zahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten die Sonderausgaben nicht. Dies hat insbesondere auch verfahrensrechtliche Folgen bei der Änderung von Steuerbescheiden.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem aktuellen Schreiben dazu Stellung genommen, inwieweit sich die Finanzverwaltung dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hinsichtlich der Einordnung von Zahlungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) für die Teilnahme an Bonusprogrammen anschließt.
Ursprüngliche steuerliche Einordnung von Bonuszahlungen
Das BMF hatte in einem Schreiben von 2013 den Standpunkt vertreten, dass solche Zahlungen als Rückzahlungen von Beiträgen zu behandeln sind und daher die Sonderausgaben in dem Jahr der Zahlung mindern. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass der Sonderausgabenabzug eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen erfordert. Demnach seien Erstattungen von Beiträgen zu verrechnen, da sie die Belastung minderten.
Auch eine Bonuszahlung durch eine GKV aufgrund von § 65a SGB V stelle eine Rückerstattung von Krankenversicherungsbeiträgen dar, so dass in dem gewährten Bonus – unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung – ein wirtschaftlicher Vorteil für die Versicherten liege, der ihre Belastung in steuerlich relevanter Weise mindere.
Geänderte steuerliche Einordnung von Bonuszahlungen
Diese Ansicht wurde in der Literatur nur teilweise geteilt, vor allem aber vom BFH in einer aktuellen Entscheidung abgelehnt. Für den BFH stellt die Bonusleistung einer GKV, einen Teil der Kosten für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen zu übernehmen, keine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen dar. Daher mindert eine solche Bonuszahlung auch nicht den Sonderausgabenabzug des Versicherten. Denn sie führt nicht dazu, dass sich an der Beitragslast zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG etwas ändert.
In dem vom BFH entschiedenen Fall war die entscheidende Voraussetzung, um die Bonusleistung zu erhalten, dass der Versicherte weitere Aufwendungen für Gesundheitsmaßnahmen tätigen musste. Die GKV erstattete daraufhin lediglich einen Teil dieser zusätzlichen Kosten. Derartige Bonuszahlungen stehen aus Sicht des BFH damit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes.
Vielmehr stellt sie eine Erstattung der vom Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen und damit eine Leistung der GKV dar. Im Gegensatz zur bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung bildet der ungekürzte Ansatz der Krankenversicherungsbeiträge in diesem Fall die wirtschaftliche Belastung des Versicherten korrekt ab und verstößt damit nicht gegen § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG.
Verfahrensrechtliche Folgen aus der geänderten Auffassung der Finanzverwaltung
In Reaktion auf dieses Urteil hat das BMF nun zur Behandlung der Bonuszahlungen seit dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2010 Stellung genommen. Für den Fall, dass Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung um Bonuszahlungen der GKV für gesundheitsbewusstes Verhalten vorläufig ergangen sind, können diese Bescheide entsprechend geändert und der Vorläufigkeitsvermerk aufgehoben werden.
Falls Einkommensteuerbescheide nicht für endgültig erklärt werden, bleibt die Änderungsmöglichkeit bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist bestehen, also mindestens bis zum 06.12.2018.
Wenn eine Änderung des Steuerbescheids mangels Vorläufigkeitsvermerk nicht möglich ist, scheidet eine Korrektur bis zu einer neuen entsprechenden elektronischen Meldung der GKV nach Ansicht des BMF aus. Für den Fall, dass eine GKV eine solche elektronische Meldung an die Finanzverwaltung übermittelt, nimmt das BMF eine Änderungsmöglichkeit für die Steuerbescheide nach § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. für die VZ 2010 bis 2016 an, solange noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Das BMF verzichtet allerdings aus Verhältnismäßigkeitsgründen auf die elektronische Übermittlung korrigierter Datensätze, vielmehr reicht eine korrigierte schriftliche Bescheinigung der GKV aus.
Praxishinweis
Es ist zu begrüßen, dass sich das BMF der Auffassung des BFH anschließt. Sofern ein Vorläufigkeitsvermerk in Steuerbescheiden enthalten ist, sollten Steuerpflichtige von sich aus eine entsprechende Änderung beantragen, um einen Eintritt der Festsetzungsverjährung auf jeden Fall zu verhindern. Fehlt ein solcher Vorläufigkeitsvermerk, verlangt das BMF eine entsprechende Korrektur der übermittelten Daten der GKV. Insoweit ist es nun Aufgabe der entsprechenden Stellen der GKV, die weiteren Voraussetzungen für die Änderung der Steuerbescheide zu schaffen. Es bleibt abzuwarten, ob die GKV sich dieser Aufgabe stellen.
BMF, Schr. v. 29.03.2017 - IV A 3 - S-0338/16/10004
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht