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Einkommensteuer -

Insolvenz: Steuerschulden als Masseverbindlichkeit bei Personengesellschaften

Welche Auswirkungen hat eine Insolvenz bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft? Wann werden Steuerschulden den Masseverbindlichkeiten zugeordnet? Nach dem BFH hängt das davon ab, ob die Beteiligung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörte und die Einkünfte nach dieser Eröffnung erzielt wurden. Entsprechendes soll auch für treuhänderische Beteiligungen gelten.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Treuhänders bei einer Beteiligung an einer Personengesellschaft auf die Zurechnung der Einkünfte aus der Personengesellschaft auswirkt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Kläger A ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des B (Insolvenzschuldner), der Geschäftsführer der B-KG war. Kommanditisten dieser Gesellschaft sind Familienangehörige des B. Über das Vermögen der B-KG wurde ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet.

Bezüglich ihrer Beteiligungen an der B-KG hatten die Kommanditisten mit B notariell beurkundete Treuhandverträge mit dem Inhalt geschlossen, dass sie ihre Geschäftsanteile ausschließlich treuhänderisch für B hielten. Die Treuhandverträge sowie deren Inhalt wurden A erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt.

Das Finanzamt (FA) erließ u.a. für das Streitjahr Steuerbescheide, die dem Treugeberkommanditisten den gesamten Gewinnanteil zuwiesen. Die daraus resultierende Einkommensteuer des B setzte das FA als Masseverbindlichkeiten fest und richtete den Steuerbescheid gegen A.

Anschließend wurde streitig, ob es sich bei der festgesetzten Einkommensteuer um Masseverbindlichkeiten handele. Die Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich, der BFH sah dies teilweise anders.

Zurechnung der Einkünfte aus der B-KG

Durch die bestandskräftigen Feststellungsbescheide für das Streitjahr 2010 für die B-KG steht für die Einkommensteuer bindend fest, dass die Gewinnanteile, die den Treuhandkommanditisten zugewiesen werden, aufgrund insolvenzrechtlich fortbestehender Treuhandverträge dem Insolvenzschuldner B als Mitunternehmer zuzurechnen sind und er insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.

Von dem Fortbestand dieser Treuhandverträge ist daher für das Einkommensteuerverfahren aufgrund der dargestellten Bindungswirkung ohne nochmalige materiell-rechtliche Prüfung auszugehen.

Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit

Die Bindungswirkung der Feststellungsbescheide erstreckt sich nicht auf die Einordnung als Masseverbindlichkeit. Im Streitfall umfasste das Vermögen vor allem auch den Anspruch auf Herausgabe des Erlangten (der Gewinnanteile der Treuhandkommanditisten an der B-KG); denn die Gewinne waren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und mangels Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters damit Teil der Insolvenzmasse.

Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Maßgeblich ist, ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist, was allein anhand steuerrechtlicher Grundsätze zu bestimmen ist.

Ausschlaggebend hierfür ist, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist. Auf die steuerrechtliche Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis und deren Fälligkeit kommt es hingegen nicht an.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das FA zu Recht die aus der treuhänderischen Beteiligung an der B-KG resultierende Einkommensteuerschuld den Masseverbindlichkeiten zugeordnet. Im Streitfall war nämlich der in Rede stehende Besteuerungstatbestand nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden.

Auf einen Zufluss von Einnahmen kam es bei der B-KG und der sich hiernach richtenden Gewinnzurechnung bei ihren Gesellschaftern bzw. beim treuhänderisch beteiligten Insolvenzschuldner nicht an. Masseforderungen sind u.a. diejenigen Einkommensteuerschulden, die sich aus „echten“ Gewinnen der Personengesellschaft ergeben. In diesem Fall kommt der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute.

Zur Begründung einer Masseverbindlichkeit reicht es aus, wenn die Beteiligung zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörte und die Einkünfte hieraus nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt wurden.

Der BFH begründet dies damit, dass der Insolvenzschuldner – jedenfalls im Fall selbständiger Betätigung – durch seine steuerrelevante Tätigkeit, die er ohne Wissen und Wollen des Insolvenzverwalters ausübt und bei der keine Erträge zur Masse gelangen, keine Einkommensteuerschulden zu Lasten der Insolvenzmasse begründen kann.

Folglich kann der Insolvenzverwalter bei Kenntnis der (treuhänderischen) Beteiligung an einer Personengesellschaft den Insolvenzschuldner nicht mit Einkommensteuern auf solche Gewinnanteile belasten, die mangels Freigabe nicht dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zufließen können, sondern zur Insolvenzmasse gehören.

Nach diesen Grundsätzen stellen die Einkommensteuerschulden, die sich aus dem Gewinn der B-KG im Streitjahr ergeben und dem Insolvenzschuldner – nach den bindenden Feststellungsbescheiden – steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind, ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers von der Zugehörigkeit der treuhänderischen Beteiligung zur Masse Masseverbindlichkeiten dar.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung für Klarheit darüber gesorgt, wann Ertragsteuerschulden eines Insolvenzschuldners zu Masseverbindlichkeiten führen, insbesondere wenn der Insolvenzschuldner seine Beteiligung, sei diese auch nur als Treugeber, verschwiegen hat.

Ausreichend ist, wenn die Beteiligung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörte und die Einkünfte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt wurden. Sowohl Insolvenzverwaltung als auch Insolvenzschuldner sollten diese Entscheidung beachten.

BFH, Urt. v. 10.07.2019 - X R 31/16

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht