Wonach richtet sich die Festsetzungsverjährung bei einer Änderung des Steuerbescheids aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA)? Der BFH hat entschieden, dass in solchen Fällen als Rechtsgrundlage § 32a Abs. 1 KStG gilt und die dort geregelte besondere Ablaufhemmung greift. Im Streitfall wurden hinzugeschätzte Mehreinnahmen dem Gesellschafter einer GmbH anteilig als vGA zugerechnet.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, nach welcher Vorschrift sich die Festsetzungsverjährung bei einer Änderung des Einkommensteuerbescheids eines Gesellschafters nach einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bestimmt.
Der Sachverhalt war hier folgendermaßen: Der betreffende Gesellschafter war mit einem Anteil von 25 % an einer GmbH beteiligt. Nach einer Außenprüfung bei der GmbH nahm das Finanzamt (FA) Hinzuschätzungen vor. Die damit verbundenen Mehrerlöse wurden als vGA der GmbH an die Gesellschafter behandelt, mithin wurde dem Gesellschafter ein Viertel der Mehrerlöse der GmbH zugeordnet. Seine Einkommensteuerbescheide wurden entsprechend geändert. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht blieben erfolglos.
Zurechnung der vGA
Ob nicht verbuchte Einnahmen, die eine vGA begründen, betrieblich verwendet oder den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen sind, können nur die Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer nachweisen. Verweigern sie ihre Mitwirkung, geht dies zu ihren Lasten. Es ist dann im Zweifel davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden ist.
Dies gilt zu Lasten des Gesellschafters auch dann, wenn der Verbleib nicht verbuchter Betriebseinnahmen nicht aufklärbar ist. Die nicht feststehende betriebliche Verwendung der Mittel auf Ebene der Kapitalgesellschaft einerseits und deren nicht nachgewiesene Zuwendung an andere Empfänger als an den oder die Gesellschafter andererseits indizieren eine durch das Gesellschaftsverhältnis verursachte quotale Auskehrung der Mehreinnahmen an alle Gesellschafter und den entsprechenden Zufluss der vGA.
Da dies aber im Streitfall nicht festzustellen war, wurden die hinzugeschätzten Mehreinnahmen dem Gesellschafter im vorliegenden Fall zu Recht anteilig zugerechnet.
Änderungsmöglichkeit für Einkommensteuerbescheide
Über Grund und Höhe einer vGA haben das Körperschaftsteuerfinanzamt und das für die Einkommensteuerveranlagung der Anteilseigner zuständige Finanzamt jeweils selbständig zu entscheiden. Der Körperschaftsteuer- und der Einkommensteuerbescheid stehen nicht im Verhältnis eines Grundlagen- und Folgebescheids. Daher wäre bei Anwendung der regulären vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist für die Streitjahre die Festsetzungsverjährung vor Erlass der angefochtenen Bescheide eingetreten.
Gründe dafür, dass für die Streitjahre eine Ablaufhemmung eingetreten ist oder eine aus anderen Gründen verlängerte Festsetzungsverjährungsfrist gilt, waren ebenfalls nicht erkennbar. Trotzdem war nach Ansicht des BFH im Ergebnis eine Änderung der Einkommensteuerbescheide noch möglich. In der Folge gilt die besondere Ablaufhemmung des § 32a Abs. 1 Satz 2 KStG, nach der die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids endet.
Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide der GmbH im Fall waren allerdings zeitnah zu den geänderten Einkommensteuerbescheiden des Gesellschafters für die Streitjahre erlassen worden, so dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Auch das der Finanzverwaltung eingeräumte Ermessen steht dieser Änderung nicht entgegen, da das FA bei Erkenntnis einer vGA auf Ebene der Kapitalgesellschaft zur korrespondierenden Korrektur des Einkommensteuerbescheids des Gesellschafters verpflichtet ist, wenn deren Zufluss beim Gesellschafter gegeben ist. Folglich konnte das FA die Einkommensteuerbescheide des Gesellschafters ändern.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze zur vGA weiter konkretisiert. Insbesondere hat er geklärt, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheids auch auf die Vorschrift des § 32a KStG gestützt werden kann und dann die besondere Festsetzungsverjährung dieser Vorschrift gilt. Folglich kommt es dann auf die allgemeinen Vorschriften der Festsetzungsverjährung nicht an. Diese Grundsätze sollten alle Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sowie deren Berater künftig beachten.
BFH, Urt. v. 12.06.2018 - VIII R 38/14
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht